Newsletter Ausgabe 4-2016 vom
22. April 2016
Inhalt:
MAGAZIN
MESSE
Editorial: Fiskus konfus
Meint es die Finanzverwaltung wirklich ernst, wenn sie dem Steuerbetrug den Kampf ansagt, wie gerade wieder ganz laut im Zusammenhang mit den Panama-Papieren? Mir kommen da erhebliche Zweifel.
Da lesen wir In der Berliner Morgenpost (siehe Pressespiegel): Die Finanzverwaltungen der 16 Bundesländer können Daten zu Steuerbetrügern nicht auf einfachem elektronischen Wege austauschen. Bei Ermittlungen innerhalb Deutschlands habe sich deshalb ein absurdes Ritual eingespielt: Wenn ein Steuerfahnder aus Bayern Informationen aus Berlin braucht, muss er die Daten telefonisch anfordern. Daraufhin druckt der Berliner Kollege die Daten aus und verschickt sie per Post nach Bayern, wo sie wieder eingescannt werden. Vielleicht hat der Finanzverwaltung bisher einfach nur der Begriff gefehlt, um zu wissen, was zu tun ist: digitale Transformation!
Ein geglücktes Beispiel für digitale Transformation ist Insika, ein technologieoffener kryptografischer Manipulationsschutz für Registrierkassen und Taxameter. Der funktioniert in der Praxis und spült sofort Geld in die Staatskasse. Sofern ein Landesfinanzminister das will. In Hamburg wollte er und hat die Umrüstung der Taxis auf Insika subventioniert. Ein kleines Wirtschaftswunder war die Folge: Die Umsätze der Hamburger Taxiunternehmen stiegen um über 50 Prozent. In nicht einmal zwei Jahren hatte sich das Subventionsinvestment für den Hamburger Fiskus amortisiert. Eigentlich ein Bilderbuchbeispiel für das erfolgreiche Austrocknen eines Steuerbetrugssumpfes. Doch „Nicht bei uns!“ entschied föderal souverän der Berliner Finanzsenator. Zur Freude des hauptstädtischen Taxigewerbes.
Noch einen Schritt weiter geht jetzt das BMF. Bevor Insika auf die breite Erfolgsspur einbiegt, soll es ganz gestoppt werden. So steht es im Referentenentwurf für ein Kassengesetz. Stattdessen soll der Kassenmanipulation mit Zertifikaten begegnet werden, die vom BSI auszustellen sind (siehe vorhergehender Newsletter). Bis aus diesen noch relativ nebulösen Ideen zertifizierte Kassensysteme in der Fläche resultieren, wird der Berliner Flughafen schon Jahre in Betrieb sein.
Und der Betriebsprüfer wird dann immer noch rätselnd vor einer Kasse stehen. Denn ob in ihr etwas BSI-Zertifiziertes steckt oder eine Manipulationssoftware, ist ihr von außen nicht anzusehen. Ein Experte, der alle Abgründe falsch konzipierter Fiskalsystemen kennt (siehe dazu Artikel „Whitepaper: Fiskalsysteme – Anforderungen und Lösungen“), bestätigte mich in meiner Ansicht: Kassenzertifikate sind ein äußerst wirksames Mittel, der Kassenmanipulation Tür und Tor offen zu halten. Das Konzept eines in Panama beheimateten Webshops für Kassenmanipulationsprodukte, mit denen BMF/BSI ein Schnippchen geschlagen werden kann, habe ich fertig im Kopf.
Können Sie sich einen Reim darauf machen, ob und wie der Fiskus Steuerbetrug konsequent bekämpfen will? Ich nicht.
Ihr Gerhard Schmidt
Leserzuschrift: Zu Referentenentwurf Kassengesetz und Kassenzertifikaten (Norbert Zisky)
Dr. Norbert Zisky, Mitglied des Vorstands der Anwendervereinigung Dezentrale Messsysteme stimmt in seiner Leserzuschrift den Aussagen im Beitrag "Wem nutzen fragwürdige Kassenzertifikate, für die wohl niemand haftet?" von Gerhard Schmidt vollumfänglich zu. Genau die offensichtlichen Probleme der Vor-Ort-Prüfbarkeit zertifizierter Systeme, d. h. die Übereinstimmung der Baumuster mit den tatsächlich im Einsatz befindlichen Komponenten, ist aus seiner Sicht eine mit vertretbarem Aufwand nicht zu leistende Aufgabe.
Kommentare: Analyse des Referentenentwurfs eines Gesetzes zum Schutz vor Manipulationen an digitalen Grundaufzeichnungen (ADM e.V.)
Das im Entwurf eines Kassengesetzes beschriebene Verfahren verfolgt das gleiche Ziel wie das Insika-Verfahren, das nach einem Konzept der deutschen Finanzbehörden unter der Führung der Physikalisch-Technischen Bundesanstalt (PTB) entwickelt wurde. Insika wird jedoch in den Begründungen ausdrücklich als ungeeignet eingestuft und ausgeschlossen. Die in den Entwürfen umrissene Lösung und die daraus resultierenden praktischen Konsequenzen werden in einer Analyse der Anwendervereinigung Dezentrale Messsysteme (ADM) e.V. näher untersucht. Im Ergebnis weist der Entwurf danach viele grundsätzliche und gravierende konzeptionelle Lücken auf. Durch das im Gesetzentwurf beschriebene Sicherungsverfahren würde bei deutlich höheren Kosten für alle Beteiligten der Status Quo nur leicht verbessert. Eine wirksame Manipulationsbekämpfung und Rechtssicherheit auf Seiten der Anwender würden jedoch nicht erreicht.
Hintergrund: Whitepaper: Fiskalsysteme – Anforderungen und Lösungen
Gegenstand des bereits 2014 erschienenen, von der Anwendervereinigung Dezentrale Messsysteme (ADM) e.V. herausgegebenen 14-seitigen Whitepapers ist eine systematische Darstellung und Analyse der Lösungsmöglichkeiten für die Anforderungen der Finanzbehörden an Registrierkassen sowie deren Vor- und Nachteile. Es soll als Hintergrundinformation bei der grundsätzlichen Diskussion über Registrierkassen und Fiskalsysteme dienen, ohne Detailkenntnisse in diesen Bereichen sowie über IT-Sicherheitslösungen vorauszusetzen. Betrachtet werden die technischen und die Kostenaspekte, nicht aber Fragen der Motivation zur Einführung von Auflagen für Registrierkassen, also Art und Ausmaß von Steuerhinterziehung mit Hilfe von Manipulationen.
Literatur: Aufbewahrungspflichten und -fristen nach Handels- und Steuerrecht (AWV e.V. (Hrsg.))
Das Standardwerk zu den steuerlichen und handelsrechtlichen Aufbewahrungspflichten ist nach 14 Jahren nun in völlig neuer und erweiterter Auflage erschienen. Beantwortet werden die Fragen:Wer ist nach Handels- und Steuerrecht aufbewahrungspflichtig? Was ist aktuell aufzubewahren? In welcher Form darf aufbewahrt werden? Wie lange muss aufbewahrt werden? Wo ist aufzubewahren? Herzstück des Werkes ist das tabellarische Verzeichnis mit über 1.200 Dokumenttypen.
Rechtsprechung: Außenprüfung zur Ermittlung steuerlicher Verhältnisse Dritter rechtswidrig
Das FG Stuttgart hat entschieden, dass das Finanzamt nicht berechtigt ist, eine Außenprüfung bei einem Steuerpflichtigen ausschließlich zur Ermittlung der steuerlichen Verhältnisse Dritter durchzuführen und den Steuerpflichtigen zur Vorlage der hierfür erforderlichen Unterlagen aufzufordern.
(IT-)Management: Ein Drittel aller Unternehmen verlieren Daten bei der Migration
Ein Drittel (32 Prozent) der Organisationen verlieren Daten, während sie Daten zwischen Geräten migrieren oder Betriebssysteme aktualisieren. Das ist das Ergebnis einer weltweiten Befragung unter fast 600 IT-Administratoren durch Kroll Ontrack, Experte für Datenrettung und E-Discovery. Wenn es sich dabei um steuerlich relevante Daten handelt, ist Ärger mit dem Betriebsprüfer vorprogrammiert.
Diskussion: Aktuelles aus der XING-Gruppe "Elektronische Steuerprüfung"
Veranstaltungen: Termine der nächsten Monate
* Einstieg in die Analyse von Bar- bzw. Registrierkassendaten (Datev): 28.04. Düsseldorf, 10.05. München, 18.05. Hannover, 23.05. Stuttgart
* GoBD-konforme Abschaltung von Altsystemen am Beispiel Adecco (Audicon): 29.04. Webinar
* Verfahrensdokumentation mit Datev Bilanzbericht, ersetzendes Scannen und Belegablage (Datev): 02.05. Hamburg, 03.05. Bremen, 04.05. München
* Digitale Datenanalyse mit DATEV im Vergleich zu Microsoft Excel (Datev): 04.05. Nürnberg
* Einstieg in die digitale Datenprüfung für Wirtschaftsprüfer (Datev): 09.05. Düsseldorf
* Blockschulung IDEA/AIS TaxAudit Professional (Audicon): 10.05.-13.05. Düsseldorf
* E-Rechnungs-Gipfel (Vereon): 10.05.-11.05. Wiesbaden
* Aufbauwissen in der digitalen Datenprüfung bei Beratung und Prüfung (Datev): 23.05. Berlin, 24.05. Kiel
* Konsolidierung in der Praxis (Datev): 31.05. München
* PraxisForum Digitale Prozesse: GoBD und Prüfungen (GISA): 31.05.-01.06. Berlin
Audicon: Audicon Webinar-Reihe: Gesetzliche Neuregelungen und ihre Auswirkungen
Mit der Einführung der GoBD Anfang 2015 wurden die bestehenden Vorgaben an die DV-gestützte Buchführung sowie an die Aufbewahrung und Bereitstellung steuerrelevanter Daten konkretisiert und erweitert. Des Weiteren nimmt auch die praktische Umsetzung des neuen Standards IFRS 15: „Revenue from Contract with Customers“ bei IFRS-Bilanzierern Fahrt auf. Der Standard löst die bisherigen Regelungen zum 01.01.2018 ab. Was bedeuten diese Änderungen und gesetzlichen Vorgaben für Sie, Ihr Unternehmen und Ihre tägliche Arbeit?
DATEV: Fachtagung Digitale Datenanalyse 2016
Sie erwartet 12 Vorträge zu den Themen: Kasse 2017, Gastronomie und Prüfung, Abwehr und Verteidigung bei der Betriebsprüfung und Umsetzung der GoBD. Profitieren Sie von Fachwissen, Praxiserfahrungen und Lösungsansätze von Steuerberatern, Rechtsanwälten und Betriebsprüfern.
GISA: 11. PraxisForum Digitale Prozesse: GoBD und Prüfungen lädt zum Erfahrungsaustausch in Berlin ein
Vom 31. Mai - 01. Juni 2016 findet wieder das PraxisForum in Berlin statt. Durch eine vielseitige Themenauswahl und Referenten mit langjähriger Praxiserfahrung werden Interessenten aus unterschiedlichen Branchen angesprochen. Gerade für die besondere Herausforderung, die Zusammenarbeit der Unternehmensbereiche Rechungswesen, Steuern und IT nachhaltig zu ermöglichen, werden Lösungsansätze aufgezeigt. Der Schwerpunkt der diesjährigen Veranstaltung liegt auf den Themen Rechnungsmanagement mit dem Format ZUGFeRD, Altsysteme sowie Berechtigungsmanagement, IKS und Verfahrensdokumentation. Die GoBD dienen als Roadmap für die gesamte Veranstaltung.