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Zehn Jahre GDPdU

Blickwinkel der Betriebsprüfung

Von Willi Härtl und Susanne Schieder

14.07.2011

Willi Härtl

Willi Härtl
Dipl.Finw.(FH) Willi Härtl ist seit 1974 in der Finanzverwaltung tätig, heute als Sachgebietsleiter Betriebsprüfung beim Finanzamt Weiden. Er ist Leiter der Bund-Länder-Arbeitsgruppe "IDEA-Schulung" und mit der Weiterentwicklung der Prüfungstechnik und Fortbildung in Bayern befasst .

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Susanne Schieder
Dipl.Finw.(FH) Susanne Schieder ist Betriebsprüferin beim Finanzamt Weiden. Sie ist Expertin für digitale Prüfungstechnik und Erlöserfassungssysteme und mit der Weiterentwicklung der Prüfungstechnik und Fortbildung in Bayern befasst.

Willi Härtl und Susanne Schieder haben als Betriebsprüfer aktuell vorgelagerte Systeme und Registrierkassen im Fokus, und genießen insbesondere bei letzteren den hohen Erlebniswert.

Nach zehn Jahren GDPdU und Datenzugriff der Finanzbehörden ist vieles, was in den Anfangszeiten die Gemüter noch erhitzte, selbstverständlich und normal, manches fast banal geworden. Routine ist heute der elektronische Zugriff auf die Finanzbuchhaltung im engeren Sinne. Die Betriebsprüfungen bei kleinen und mittleren Unternehmen (KMUs), welche den Löwenanteil der durchgeführten Prüfungen ausmachen, finden flächendeckend mittels Datenträgerüberlassung und Einsatz der Prüfsoftware IDEA (Z3) statt. Bei Großbetrieben und Konzernen, wo regelmäßig ERP-Systeme wie z. B. SAP im Einsatz sind, haben die Fähigkeiten der Prüfer im Umgang damit (Z1) durch besondere Schulungen ebenfalls erheblich zugenommen1.

Seit geraumer Zeit hat die Betriebsprüfung nun begonnen, sich mit den der Finanzbuchhaltung vorgelagerten Systemen intensiv(er) zu beschäftigen. Hauptsächlich sind das Warenwirtschaftssysteme, ERP-Systeme, Fakturiersysteme und Kassensysteme quer durch viele Branchen. DavoS2, abgekürzt für Datenzugriff auf vorgelagerte Systeme, ist hier das Stichwort. Die Erfahrungen zeigen, dass insbesondere beim Prüffeld Vollständigkeit der Erlöse erhebliches Prüfungspotenzial im Zugriff auf diese Systeme steckt. Ein Schwerpunkt der augenblicklichen Aktivitäten in der Betriebsprüfung liegt in der risikoorientierten Ausrichtung einer effizienten Gesamtlogistik des Vorgehens am Kontrollbedürfnis3. Dabei ist die Einbeziehung von vorgelagerten Systemen unverzichtbar, da mit Ihnen häufig Grundaufzeichnungen erstellt werden und sie für die Prüfung auf Vollständigkeit der erfassten Geschäftsvorfälle elementare Bedeutung haben4.

Was die Einhaltung von GoB und GoBS in diesen Systemen anbelangt, so ist die Situation hier mehr als ernüchternd. An dieser Stelle sei nur auf die Möglichkeit, Daten in vielen Systemen spurlos unter Verstoß gegen § 146 Abs. 4 AO löschen zu können, hingewiesen. Erst als Folge der Beschäftigung der Betriebsprüfung mit diesen Systemen beginnen nun Softwarehersteller und Steuerberater zu reagieren.

Einen nicht alltäglichen und deswegen gesondert erwähnenswerten Erlebniswert hat die intensivere Beschäftigung mit elektronischen Registrierkassen (ECRs) erzeugt. Die Nichteinhaltung der GoBS und auch der GDPdU ist hier vielfach unterblieben Bekanntermaßen hat nun das BMF mit Schreiben vom 26.11.20105 "Aufbewahrung digitaler Unterlagen bei Bargeschäften"   zeitlich überfällig   die gesetzlichen Ordnungsmäßigkeitsanforderungen, nämlich Einhaltung der GoBS und Einhaltung der GDPdU erläutert. Festzustellen ist, dass manche Vertriebsmitarbeiter der Branche mit Einstellung von Manipulationen werben, und   überspitzt formuliert   viele Systeme ohne Manipulationsmöglichkeiten nicht verkäuflich waren oder derzeit noch sind6. Mitunter kommt es nun gelegentlich vor, dass Systeme wie z.B. Registrierkassen vor einer Betriebsprüfung "in Sicherheit gebracht" oder "aus dem Verkehr gezogen werden"7.

Nachfolgend einige Highlights aus Gesprächen mit Vertriebsmitarbeitern von Kassenunternehmen.

"Natürlich können Sie Erlöse im System nachträglich stornieren. Wenn eine Angestellte 600 Hendl versehentlich zuviel boniert hat, dann muss es natürlich möglich sein, diese Umsätze zu stornieren. Man muss ja keine Umsätze versteuern, die man tatsächlich nicht gehabt hat! Die Kassensoftware kann alles. Da sprechen wir vor Ort darüber und dann richte ich das ein."

"Die neue Kassenrichtlinie (BMF-Schreiben) vom 26.11.2010, kenne ich schon, .. wieso ist das mit den Trainingsbedienern ein Problem? Eine eindeutige Regelung fehlt hierzu…".

"Unser Erfolgsmodell seit etwa XX Jahren, resistent gegen Steuerfahndung und Betriebsprüfung. Wenn der Umsatz nicht passt, dann korrigieren Sie ihn einfach. Schauen Sie, so wird storniert, und dann erzeugen Sie nochmals den Tagesendsummenbon mit der gleichen Nummer. Und wenn Sie nicht aufgepasst haben, in diesem Menü stellen Sie die Z-Nummer so ein, wie Sie sie benötigen. Kundenanzahl und weiteres steht sicherheitshalber nicht darauf, so kann der Prüfer vom Finanzamt den durchschnittlichen Umsatz pro Gast nicht auf Schlüssigkeit verproben. .. Datensicherung für GDPdU? Ja natürlich, da hat das System ein Diskettenlaufwerk; aber keine Sorge, zehn Jahre Aufbewahrungspflicht hält keine Diskette aus, und wenn, dann muss man etwas nachhelfen, z.B. mit der Diskette an einem Magneten vorbeigehen. Das kann doch der Prüfer nicht feststellen. .. Deutsche Gastroinhaber löschen sicherheitshalber jeden Monat. Italiener sind da schon vorsichtiger und löschen alle zwei Wochen, Griechen jede Woche; am vorsichtigsten sind die Asiaten; Chinesen löschen ihre Daten täglich…".

Das mag zu diesem Thema genügen.

Rückblickend ist festzustellen, dass zehn Jahre GDPdU zur tiefgreifendsten Veränderung der Arbeitsweise der Betriebsprüfung seit ihrem Bestehen geführt haben. Die mit der Einführung des Datenzugriffs verbundenen Herausforderungen wurden in der Finanzverwaltung gut gemeistert. Nach der erreichten Quantität in der Anwendung liegt der Schwerpunkt der künftigen Aufgaben insbesondere in der Steigerung der Qualität.

Die tägliche Arbeit in den vergangenen (ersten) zehn Jahren GDPdU war geprägt von Fortschritt und Weiterentwicklung, insgesamt gesehen war sie erlebnisreich und spannend; das wird mit Sicherheit auch in Zukunft so bleiben.

___________________________

1.  Grundlegende Aspekte und detaillierte Erfahrungen der Umsetzung der digitalen Prüfung in der Finanzverwaltung, insbesondere auch zum Gesichtspunkt Standardisierung und Automatisierung von Prüfungsabläufen können im Beitrag des Autors im Buch "Elektronische Betriebsprüfung Neue Herausforderungen für Wirtschaftsprüfung und Steuerberatung", Herausgeber Deggendorfer Forum zur digitalen Datenanalyse e.V., Erich Schmidt Verlag 2010, S. 20 bis 29 nachgelesen werden.

2.  Die Abkürzung stammt von niedersächsischen Kollegen, ebenso der in diesem Zusammenhang gebrauchte Spruch "Importierst Du noch oder prüfst Du schon?"

3.  Ausführlich hierzu Härtl/Schieder "Ordnungsmäßigkeit digital geführter Erlösaufzeichnungen - Elektronische Registrierkassen und digitale Erlöserfassungssysteme im Brennpunkt des Steuerrisikos Erlösverkürzung", StBp 2/2011, 3/2011, 4/2011. 

4.  Zur Bedeutung von Daten vorgelagerter Systeme für die Prüfbarkeit nach § 145 AO, wo der Betriebsprüfung als "sachverständiger Dritter" bei Definition und Begriffsverständnis eine tragende Rolle zukommt, ausführlich Härtl/Schieder "Ordnungsmäßigkeit digital geführter Erlösaufzeichnungen - Elektronische Registrierkassen und digitale Erlöserfassungssysteme im Brennpunkt des Steuerrisikos Erlösverkürzung", StBp 2/2011, S. 32 bis 38 und StBp 4/2011, S. 102 bis 105, insbesondere auch als Replik zu Bellinger, "Archivierungsstandard für Daten aus Warenwirtschaftssystemen von Apotheken, Stand 27.4.2010, Internetveröffentlichung www.apoaudit.de/archivierung-gdpdu.

5.  BMF-Schreiben vom 26.11.2010, IV A 4   S 0316/008/10004-07.

6.  So eine schriftlich vorliegende Aussage eines maßgeblichen Mitarbeiters aus der ECR-Branche. Ausführlich zu festgestellten Manipulationen von ECRs beim Steuerrisiko Erlösverkürzung und zum BMF-Schreiben vom 26.11.2011 Härtl/Schieder "Ordnungsmäßigkeit digital geführter Erlösaufzeichnungen - Elektronische Registrierkassen und digitale Erlöserfassungssysteme im Brennpunkt des Steuerrisikos Erlösverkürzung", StBp 2/2011, S. 38 bis 40 und StBp 3/2011 und StBp 4/2011.

7.  Hinzuweisen ist darauf, dass neben gravierender Ordnungswidrigkeit der Aufzeichnungen (§§ 158, 162 AO, "Beweismittelverderber") für dieses Verhalten natürlich Strafbarkeit u. a. nach § 268 StGB (Fälschung technischer Aufzeichnungen) oder Beweismittelunterdrückung nach § 274 Abs. 1 Nr. 1 und 2 StGB in Betracht kommen kann. Hinweis auf Becker "Beweismittelunterdrückung gemäß § 274 Abs. 1 Nummern 1 und 2 StGB", StBp 2008 S.29 , 61, 104.

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