04.12.2024
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Entscheidung des Amtsgerichtes Brühl zu elektronischen RechnungenIst in AGB´s die Übermittlung von Rechnungen per E-Mail vereinbart, muss auf elektronischem Weg eine qualifiziert signierte elektronische Rechnung übermittelt werden. Ein einseitiger Wechsel zurück auf die Papierrechnung ist ausgeschlossen.Entscheidung des Amtsgerichtes Brühl, Aktz. 21 C 612/05 vom 12.04.2006 §§ 14 Abs. 2 S. 2, Abs. 3 Nr. 1 UStG, 242 BGB Kommentar von Raoul Kirmes (incl. Volltext der Entscheidung
Raoul Kirmes ist Produktmanager bei der mentana-claimsoft AG, einem auf Signaturlösungen spezialisierten Softwareentwickler. Er ist Mitautor des Buches Digitale Signaturen in der Praxis und Verfasser von zahlreichen Fachbeiträgen zum Thema Beweiskraft elektronischer Dokumente. Der SachverhaltDie Parteien haben die Abrechnung per E-Mail vereinbart. In der Folge streiten sie um die Frage, ob die Beklagte trotz nachträglicher Übermittlung von Rechnungen auf Papier immer noch zur Übermittlung elektronischer Rechnungen mit qualifizierter elektronischer Signatur verpflichtet bleibt. Die Beklagte verwendete folgende AGB´s:
Die Beklagte versendet die Rechnungen als PDF- Dokumente im Anhang zu einer E-Mail. Eine qualifizierte elektronische Signatur tragen die Rechnungsdokumente jedoch unstreitig nicht. Die Klägerin beanstandet die fehlende qualifizierte Signatur der elektronischen Rechnungen, weil ihr dadurch der Vorsteuerabzug gemäß § 15 UStG aus der elektronischen Rechnung verwehrt ist. Daraufhin übersendet die Beklagte nachträglich Rechnungsbelege auf Papier. Von der Klausel zur Abrechnung einer zusätzlichen Gebühr macht sie zunächst keinen Gebrauch. Die Klägerin besteht jedoch auf die Ausstellung der vereinbarten elektronischen Rechnungen, da sie ihren Rechnungseingang inzwischen weitgehend elektronisch abwickelt und durch die Bearbeitung von Papierrechnungen Mehrkosten entstehen. Dies lehnt die Beklagte ab und beruft sich darauf, dass die Übermittlung der Rechnung auf Papier ausdrücklich als Alternative in den AGB´s geregelt sei. Der Anspruch der Klägerin auf Ausstellung einer Rechnung sei somit durch Übermittlung der (Ersatz)- Rechnungen in Papierform erfüllt. Die Klausel sei auch nicht unwirksam, da die Beklagte insoweit auf die Erhebung einer Gebühr verzichtet. Die Klägerin beantragt, die Beklagte zur Übermittlung elektronischer Rechnungen mit qualifizierter Signatur zu verurteilen. Die EntscheidungDie Beklagte wir antragsgemäß zur Übermittlung elektronischer Rechnungen mit qualifizierter Signatur verurteilt. Weitere Ergebnisse der Entscheidung sind:1) Es besteht grundsätzlich ein klagbarer Anspruch auf Ausstellung (auch elektronischer) Rechnungen vor den Zivilgerichten. 2) Eine qualifizierte Signatur muss nicht vereinbart werden. Es genügt die Vereinbarung, dass die Rechnungen per E- Mail übermittelt werden. Die elektronisch übermittelten Rechnungen müssen dann eine qualifizierte elektronische Signatur gemäß § 14 Abs. 3 UStG tragen. 4) Ein einseitiger Wechsel von der elektronischen Rechnung zurück auf die Papierrechnung kann auch ohne ausdrücklichen Ausschluss des Wahlrechts in den AGB´s des Verwenders aus Treu und Glauben ausgeschlossen sein, wenn die Mehrkosten, entweder durch Erhebung von Gebühren für eine Papierrechnung oder durch den erhöhten Aufwand für die Verarbeitung von Papierrechnungen, beim Rechnungseingang des Empfängers im Verhältnis zum Vorsteuerabzugsbetrag so hoch wären, dass der Vorsteuerabzug für den Rechnungsempfänger keinen Sinn mehr machen würde. 5) Eine Entscheidung ist im vereinfachten Verfahren nach § 495a ZPO möglich! PraxishinweisDie Entscheidung stellt zunächst wie selbstverständlich fest, dass ein Rechnungsversender, der durch elektronischen Rechnungsversand das Porto sparen will, natürlich auch qualifiziert signieren muss. Alles andere ist schlicht rechtswidrig. Auch bedarf es keiner besonderen Vereinbarung darüber, dass elektronisch übermittelte Rechnungen qualifiziert zu signieren sind. Das ergibt sich schließlich bereits aus dem Gesetz (§ 14 Abs. 3 UStG). Interessant und bemerkenswert sind die Ausführungen des Gerichts zur Unbilligkeit einer Papierrechnung. Im vorliegenden Fall hatte sich die Beklagte mit ihren eigenen ungünstig formulierten AGB´s selbst jedwedes Wahlrecht abgeschnitten. Aber das Gericht stellte auch klar, dass es auch ohne derart missratene AGB´s unbillig sein könnte, dem Vertragspartner einen Rückwechsel auf die Papierrechnung zuzumuten, wenn die damit verbundenen Kosten den Vorsteuerabzug des Empfängers kaum noch lohnend erscheinen lassen. Insbesondere im Bereich von Micro- Rechnungen wird diese Entscheidung zukünftig zu beachten sein. Noch ein Wort zum Thema Gebühren für Papierrechnungen. Die Frage wurde in vorliegender Entscheidung nicht entschieden, da die vorliegende Klausel so offensichtlich unwirksam ist, dass die Beklagte gleich freiwillig auf ihre Durchsetzung verzichtete. Für die Praxis kann von solchen Regelungen, die die elektronische Rechnung erzwingen wollen, nur abgeraten werden. Zunächst schon deshalb, weil bereits kaum vorstellbar ist, wie eine wirksame Regelung gefunden werden soll. Regelmäßig wird eine solche Klausel überraschend und somit unwirksam sein (§§307ff BGB). Probleme ergeben sich auch mit der Preisangabenverordnung. Wesentlich ratsamer ist es, die Einführung der elektronischen Rechnung so zu gestalten, dass auch der Empfänger diese ohne Probleme weiterverarbeiten und prüfen kann. Dann sind finanzielle Knebel nicht von Nöten. Die Entscheidung macht den Empfängern fehlerhafter elektronischer Rechnungen Mut. Das Verfahren wurde im vereinfachten Verfahren ohne mündliche Verhandlung nach § 495a ZPO erledigt. Diese Verfahrensart ist bei geringen Streitwerten (unter 600 ) besonders schnell und günstig, da es keiner mündlichen Verhandlung bedarf und Fristen durch das Gericht nach billigem Ermessen bestimmt werden können. Ein Grund mehr, wie die erfolgreiche Klägerin nicht wortlos hinzunehmen, wenn der Vertragspartner zum eigenen Schaden steuerliche Vorschriften ignoriert.
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