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Durchgerosteter und durchgeknipster Datendraht

Editorial des Email-Newsletters 04-2011 vom 18.04.2011

16.04.2011

Gerhard Schmidt

Gerhard Schmidt
Chefredakteur des "Forum Elektronische Steuerprüfung".

 

An Rechnungen wird bekanntlich die Anforderung der Unversehrtheit ihres Inhalts gestellt. Die Anforderung kann dann leicht erfüllt werden, wenn die (logischen) Rechnungsdaten so miteinander "verdrahtet" werden, dass sie nicht mehr verändert werden können, bzw, dass Änderungen sofort auffallen.

Das klassische Mittel, Rechnungsdaten zu verdrahten, ist Papier. Bei der ganz alten von Hand geschriebenen Rechnung war an der Handschrift, dem Tintenfluss etc. zu erkennen, ob das Dokument aus einem Guss war. Zu Zeiten der Schreibmaschine, konnte man auf den ersten Blick sehen, wo mit Tipp-Ex herumgefummelt wurde. Doch heute? Heute flattert eine Papierrechnung potenziell "aus der Cloud" ins Unternehmen. Am deutlichsten wird dies, wenn man sich vorstellt, dass eine Rechnung über einen Dienstleister verschickt wird. Im einen Monat nutzt er dazu die Kapazitäten seiner Niederlassung in Hamburg. Dort wird auf Drucker A mit Toner B auf Papier C gedruckt. Im nächsten Monat werden die Rechnungen in der Filiale München produziert, wo Drucker X, Toner Y und Papier Z eingesetzt werden. Könnte die Rechnung aber nicht genauso gut vom Rechnungsempfänger selbst generiert worden sein: Drucker L, Toner M, Papier O?

Durch keine noch so sorgfältige Untersuchung des Rechnungspapiers lässt sich ein Hinweis auf die Unversehrtheit des Rechnungsinhalts ergründen. Damit wird klar: Papier ist heute kein geeignetes Mittel mehr, Rechnungsdaten zu verdrahten. Oder um im Bild zu bleiben: der Draht ist in den letzten Jahren/Jahrzehnten unmerklich durchgerostet.

Das bedeutet: Wir müssen notgedrungen von der ehemals verdrahtenden Eigenschaft von Papier abstrahieren. Was uns dann bleibt, sind die logischen (abstrakten) Rechnungsdaten. Und nach wie vor die Anforderung an die Unversehrtheit des Inhalts der Rechnung.

Wenn ich nur logische Daten habe, dann kann ich die Unversehrtheit des Inhalts auch nur logisch überprüfen. Entlang der Logik des Geschäftsprozesses: Gibt es zu der Rechnung eine Bestellung, einen Lieferschein, einen Zahlungseingang auf dem Bankkonto etc.? Auch der Außenprüfer des Finanzamtes kann nur so prüfen. Und er wird das auch so machen, schließlich hat er ja eine Prüfsoftware, die sich ideal dafür eignet.

Wenden wir den Blick nun von den Papier- zu den elektronischen Rechnungen. Bei diesen diente die in der Vergangenheit obligatorische elektronische Signatur dazu, die Rechnungsdaten zu verdrahten. Noch in diesem Sommer soll die Signaturpflicht entfallen; Signaturen sind aber weiterhin möglich. Der Rechnungsempfänger kann dann frei entscheiden, ob er zur Zange greift und bei elektronischen Rechnungen den Signaturdraht durchknipst. Wenn er das tut, stellt er sich nicht schlechter als bei Papierrechnungen. Er muss dann wie bei diesen die Unversehrtheit des Inhalts entlang der Logik des Geschäftsprozesses prüfen.

Die Diskussion der letzten Monate um mögliche Konsequenzen aus dem bevorstehenden Wegfall der Signaturpflicht für elektronische Rechnungen und der damit beabsichtigten Gleichbehandlung von Papier- und elektronischen Rechnungen hat insbesondere auch zu einem größeren Bewusstsein des aktuellen Zustands bei Papierrechnungen geführt. Wenn dem Papier heute nicht mehr das anzusehen ist, was man früher glaubte, ihm ansehen zu können, dann hat das Konsequenzen für die Buchführungsprozesse in jedem Unternehmen - sofern es Papierrechnungen erhält. Hat das Unternehmen die richtigen Konsequenzen für Papierrechnungen gezogen, dann implizit auch für unsignierte elektronische Rechnungen. Und umgekehrt: Sind die Buchführungsprozesse für unsignierte elektronische Rechnungen mangelhaft, dann auch die Prozesse für Papierrechnungen.

An der "drahtlosen" Buchführung wird kein Weg vorbei führen.

Ihr Gerhard Schmidt

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Editorial 2011-04: Abstraktion

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