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GDPdU-Welt wieder im Lot?

Kommentar zum Beschluss des BFH vom 26.09.07 – I B 53, 54/07

Von Stefan Groß

Stefan Groß

Stefan Groß, Steuerberater und Certified Informations Systems Auditor (CISA) ist Partner von Peters Schönberger & Partner GbR, einer renommierten Kanzlei von Steuerberatern, Wirtschaftsprüfern und Anwälten in München. Er beschäftigt sich bereits seit vielen Jahren mit den steuerrechtlichen und verfahrenstechnischen Umfeld der elektronischen Steuerprüfung.

Die GDPdU-Gemeinde hat mit einer gewissen Verunsicherung einer ausstehenden Entscheidung des Bundesfinanzhofs (BFH) entgegengefiebert. Auslöser war das Urteil des Finanzgerichts Düsseldorf, welches vorherrschende GDPdU-Begrifflichkeiten eigenständig interpretiert hatte und damit in Fachkreisen auf Unverständnis gestoßen ist. Im Kern attestierte die vorinstanzliche Jurisdiktion eingescannten Belegen eine maschinelle Auswertbarkeit und mithin das uneingeschränkte Zugriffsrecht im Sinne der GDPdU. Letztlich lag es in der Intention der Finanzrichter, alles was aus der Papierwelt in die rein elektronische Welt überführt wurde, dem Recht auf Datenzugriff zu unterstellen. Der BFH kommt in seiner Entscheidung zwar zum gleichen Ergebnis, wenngleich die Begründung die GDPdU-Welt wieder ins Lot bringt.

Der Fall

Der BFH sah sich mit der Fragestellung konfrontiert, inwieweit im Rahmen einer steuerlichen Außenprüfung ein unmittelbares Zugriffsrecht der Finanzverwaltung auf eingescannte (digitalisierte) Eingangsbelege besteht, deren Original vernichtet wurde. Betroffen war eine Aktiengesellschaft mit Sitz in Deutschland, die eine softwaregestützte Belegarchivierung im Einsatz hatte. Dabei wurden sämtliche Eingangsrechnungen zusammen mit steuerlich nicht relevanten Unterlagen eingescannt und die Originalbelege anschließend vernichtet. Da im Nachhinein keine zweifelsfreie Trennung zwischen steuerlich relevanten und nicht relevanten Unterlagen möglich war, verweigerte das Unternehmen dem Finanzamt den unmittelbaren Zugriff und bot stattdessen die Vorlage in Form von Papier-Ausdrucken an. Weiter verweigerte das Unternehmen den Datenzugriff auf ausgewählte Konten, soweit sich diese ausschließlich in der Handelsbilanz ausgewirkt hatten, ohne dabei die steuerliche Bemessungsgrundlage zu beeinflussen. Das Finanzamt jedoch wollte im vollen Umfang sowohl auf eingescannte Belege, als auch auf alle Konten zugreifen. Dagegen wandte sich das Unternehmen mit einem Antrag auf Aussetzung der Vollziehung.

Die Entscheidung

Im Ergebnis gab der BFH dem Begehren des Finanzamts vollumfänglich statt. Mit dem Einscannen der Belege habe sich das steuerpflichtige Unternehmen für die zulässige Form der Aufbewahrung als Wiedergabe auf einem Bildträger oder auf einem anderen Datenträger entschieden. Dies setze auf der Grundlage des § 147 Abs. 2 Nr. 2 AO insbesondere voraus, dass die Wiedergaben der Originale während der Dauer der Aufbewahrungsfrist jederzeit verfügbar seien, unverzüglich lesbar gemacht und maschinell ausgewertet werden könnten (§ 147 Abs. 2 Nr. 2 AO). Die Verpflichtung zur eigentlichen Bereitstellung ergebe sich letztlich aus § 147 Abs. 5 1. HS AO, wonach der Steuerpflichtige im Fall der Aufbewahrung auf einem Datenträger verpflichtet werde, diejenigen Hilfsmittel zur Verfügung zu stellen, die eine Lesbarmachung ermöglichen. Dies habe, so der BFH, auf der beim Steuerpflichtigen hierfür vorhandenen technischen Einrichtung zu erfolgen. Somit obliege es dem Steuerpflichtigen, für den Fall der elektronischen Belegarchivierung dem Prüfer die Hard- und Software  zur Verfügung zu stellen, welche ihm die Einsicht der digitalisierten Belege unmittelbar am Bildschirm ermögliche.

Auch betreffend der gesperrten Konten folgte der BFH dem Zugriffsbegehren des Finanzamts und attestierte diesen eine zweifelsfrei steuerliche Relevanz. Konten, die sich in der steuerlichen Gewinnermittlung nicht auswirken, zählten, so die Richter, dennoch zur Finanzbuchhaltung und damit zu den aufbewahrungspflichtigen Büchern. Soweit diese Bücher über ein elektronisches Datenverarbeitungssystem geführt würden, ergebe sich das Recht auf Datenzugriff unmittelbar aus § 147 Abs. 6 AO.

Würdigung

Wenngleich die Entscheidung des BFH im Ergebnis erwartungsgemäß ausfiel, dürfte sie dennoch für Erleichterung sorgen. Dies gilt insoweit, als das vorinstanzliche FG Düsseldorf im Fall des Zugriffsersuchens auf die eingescannten Unterlagen mit einer eigenständigen Interpretation an feststehenden Begrifflichkeiten und Definitionen rütteln wollte. Gerade der Versuch, über nicht-mathematische Operationen eine maschinelle Auswertbarkeit zu erreichen, erschien konstruiert und ist in weiten Teilen der Praxis auf Unverständnis gestoßen. Der BFH ist dieser Fragestellung geschickt ausgewichen und hat seinerseits das Zugriffsrecht schlüssig über die Form der Aufbewahrung und die damit zusammenhängenden Mitwirkungspflichten hergeleitet. Damit lässt der BFH die für die Praxis so wichtige Unterscheidung zwischen Daten (Datenzugriff) und Belegen (Einsichtnahme) unangetastet und das Recht auf Datenzugriff beschränkt sich auch weiterhin auf originär elektronische und nicht originär in Papierform vorliegende Unterlagen. Damit werden auch die Unternehmen zu Gewinnern dieser Entscheidung, insoweit als das häufig kostenintensive Erfordernis der maschinellen Auswertbarkeit auf Daten beschränkt bleibt.

Fast unbemerkt stärken die Richter die steuerpflichtigen Unternehmen jedoch in einer weiteren für die Praxis bedeutsamen Fragestellung. Gerade weil gescannte, ursprünglich in Papierform vorliegende Originale, gerade nicht zur maschinellen Weiterverarbeitung geeignet sind, soll der Steuerpflichtige auch nicht verpflichtet sein, bei der elektronischen Archivierung eine höhere Datenverarbeitungsqualität herzustellen, als  sie dem Original anhaftete. Die Tatsache, dass Papier in seiner Urform weder einer elektronischen Volltextsuche noch sonstigen elektronischen Helfern zugänglich ist, schränkt insoweit die Art der Bereitstellung erheblich ein. Insbesondere macht es diese Einschränkung wohl nicht erforderlich, die Nachverfolgung von Verknüpfungen und Verlinkungen oder gar Textsuchen nach bestimmten Eingabekriterien zu ermöglichen. Das Recht auf Lesbarmachung beschränkt sich vielmehr auf reine Bildschirmabfragen; Auswertungsmöglichkeiten sind hiervon ausgenommen. Hieran ändert auch letztlich die in § 147 Abs. 6 AO niedergelegte Nutzungsberechtigung der im Datenverarbeitungssystem vorhandenen Auswertungsmöglichkeiten nichts. Sowohl die Abgabenordnung, wie auch die GDPdU sprechen in diesem Zusammenhang ausschließlich von Daten. Im Fall eingescannter Dokumente geht es jedoch um Belege, welche sich durch ihre nicht bzw. nur rudimentär vorhandene Strukturierung klar von der Datenwelt abgrenzen. 

Fazit

Erfreulich an dem Urteil des BFH, die Richter haben nicht mit allgemein anerkannten Begrifflichkeiten und Definitionen experimentiert, sondern das Einsichtsrecht nachvollziehbar aus der Form der Aufbewahrung und den damit einhergehenden Mitwirkungspflichten hergeleitet. Dazu hat der BFH dem fiskalisch verständlichen Wunsch nach immer weiteren Auswertungsmöglichkeiten einen Riegel vorgeschoben und die Mitwirkungspflicht des Steuerpflichtigen bei eingescannten Belgen auf die reine Lesbarmachung am Bildschirm beschränkt. Diese sachlogische Einschränkung verbunden mit der Aufrechterhaltung der notwendigen Unterscheidung zwischen Daten und Belegen macht auch die steuerpflichtigen Unternehmer zu den Gewinnern dieser Entscheidung.


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Stefan Groß: GDPdU-Welt wieder im Lot?

18.03.2024

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