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Verkehrte Welten in der Finanzverwaltung

Editorial des Email-Newsletters 03-2012 vom 16.03.2012

15.03.2012

Gerhard Schmidt

Gerhard Schmidt
Chefredakteur des "Forum Elektronische Steuerprüfung".

 

Über zwei Veröffentlichungen der Finanzverwaltung zu elektronischen Rechnungen berichten wir in diesem Newsletter: den  Entwurf eines BMF-Schreibens zu den Vereinfachungen bei der elektronischen Rechnungsstellung sowie eine Verfügung des Bayerischen Landesamtes für Steuern zum Kontierungsvermerk auf elektronisch erstellten und versandten Eingangsrechnungen.

Das BMF-Schreiben ist zwar noch nicht veröffentlicht, an der inhaltlichen Substanz, die nachfolgend referenziert wird, wird sich auf dem Weg vom Entwurf, der den Verbänden zur Abstimmung vorgelegt wurde, bis zur Veröffentlichung jedoch nichts mehr ändern.

Beide Texte stehen in einem merkwürdigen Verhältnis zueinander. Argumentiert das BMF-Schreiben überraschend modern, so folgt die Bayerische Verfügung einer antiquierten Logik.

Wird traditionell die Unveränderbarkeit von Rechnungen an PHYSISCHEN Eigenschaften festgemacht (z.B. der Repräsentation auf Papier oder einem Datenträger, der Änderungen nicht mehr zulässt) ist die moderne Sicht:  Ist eine Rechnung INHALTLICH nachweisbar integer, dann kann von ihrer physischen Repräsentation abstrahiert werden. Nach der letzteren Logik könnten die Rechnungsdaten einfach um einen Kontierungsvermerk erweitert werden. Das würde dann zwar die Rechnungsdatei physisch verändern, nicht aber die Rechnung in ihrer inhaltlichen Substanz. Genauso ist es bei Papierrechnungen ja auch. Durch das Anbringen eines Kontierungsvermerks wird die Rechnung physisch verändert. Sie entspricht also nicht mehr dem Originalzustand, in dem sie empfangen wurde. Für die physischen Manipulationen von Rechnungen (Beschreiben mit Kontierungsvermerk, Lochen etc.) gibt es klare Grenzen: die inhaltliche Substanz der Rechnung darf nicht tangiert werden. Übertragen wir die Bayerische Logik bei elektronischen Rechnungen einmal auf Papierrechnungen. Die dürften dann weder zum Abheften gelocht, noch mit einem Stift beschriftet werden. Der Kontierungsvermerk müsste auf ein separates Papier. Beides wäre so miteinander zu verbinden, dass die Verbindung nicht mehr gelöst werden kann, wobei Techniken wie Heftklammern oder Kordeln und Siegeln natürlich tabu wären, denn sie würden das Originalpapier ja physisch verändern. Man müsst sich schon etwas einfallen lassen.

Genau das befürchte ich nun bei elektronischen Rechnungen. Dass sich findige Geschäftemacher etwas einfallen lassen, wie an eine Rechnung ein Datensatz mit einem Kontierungsvermerk angehängt werden kann. Und dann die Angstkeule schwingen: Wenn Ihr Unternehmen nicht unsere Lösung einsetzt, dann Gnade Euch Gott bei der nächsten Betriebsprüfung!

Angesichts der beiden Schreiben aus der Finanzverwaltung sind paradoxen Situationen vorstellbar. Eine elektronische Rechnung, die vor einem Jahr umsatzsteuerlich nicht zum Vorsteuerabzug zugelassen war (weil beispielsweise unsigniert), wohl aber ertragsteuerlich eine Betriebsausgabe darstellte, berechtigt heute zum Vorsteuerabzug, wird aber nicht mehr als Betriebsausgabe anerkannt, weil ohne vorschriftsmäßigen Kontierungsvermerk.

Das Thema Kontierungsvermerk hatte ich vor einem Jahr in einem Editorial unter der Überschrift "Vermerke - Referenzen - Mausklicks" schon einmal unter die Lupe genommen. Martin Henn von der OFD Rheinland hat sich daraufhin ebenfalls mit der "Kontierung von Belegen" beschäftigt. Die Fragestellung ist noch längst nicht abschließend geklärt. Wir werden uns im "Forum Elektronische Steuerprüfung" wohl noch öfter damit auseinandersetzen müssen.

Ihr Gerhard Schmidt

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Editorial 2012-03: Verkehrte Welten in der Finanzverwaltung

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