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Steuerfahndung und Durchsuchung in der Steuerberaterkanzlei

Von Günter Hässel

18.08.2011

Günter Hässel

Günter Hässel
Günter Hässel (Wirtschaftsprüfer, Steuerberater, Rechtsbeistand) ist 1. Vorsitzender von COLLEGA e.V, einem EDV-Verband für Steuerberater.

Wird gegen einen Mandanten ermittelt, ist häufig auch die Kanzlei betroffen und wird durchsucht. Wie sich Steuerberater und Mitarbeiter in einem solchen Fall am besten verhalten, zeigt dieser Leitfaden.

1. Vorbereitung und Schulung der Mitarbeiter

Die Vor- und Nachteile liegen bei der Betrachtung und Beurteilung dieses Themas sehr eng beieinander. Nachfolgend wird der Fall nicht untersucht, in dem gegen einen Steuerberater oder Rechtsanwalt als Verdächtigem eine Fahndung eingeleitet wurde. Vielmehr sollen die schon als unangenehm genug empfundenen Fälle besprochen werden, in denen Ermittlungen gegen einen Mandanten gerichtet sind und als Begleitumstand eine Durchsuchung der Kanzlei als unverdächtigem Dritten vorgenommen wird.

Der große Vorteil ist, dass Steuerberater und ihre Kanzleien selten in eine Steuerfahndung gegen Mandanten mit Hausdurchsuchung, also Durchsuchung der Kanzleiräume, einbezogen werden.

Ein großer Nachteil kann es sein, dass Kanzleiinhaber2 und vor allem die Mitarbeiter vollkommen überraschend betroffen sind. Es gibt gerade im Fall von Strafverfolgungen gegenüber Mandanten für die beratenden Berufe sehr wichtige Rechte und Pflichten, deren Beachtung aufgrund mangelnder Vorbereitungen und Schulungen der Mitarbeiter gefährdet sein kann. Hierdurch kann dem jeweils betroffenen Mandanten, aber auch anderen Klienten, ein erheblicher und oft nicht wieder gut zu machender Schaden entstehen.

Natürlich versucht jeder Kanzleiinhaber, keine zweifelhaften Mandanten zu betreuen und damit das Risiko derart unschöner Auftritte zu vermeiden. Das gelingt aber niemals vollständig, weil auch korrekteste Mandanten ohne es zu wollen und auch oft ohne es zu wissen in Ermittlungen gegen Andere einbezogen werden. Manche derartige Durchsuchung hat sich nachträglich als unnötig erwiesen. Das hilft aber nichts, denn die sich aus der Maßnahme ergebenden Feststellungen und eventuelle Rechtsetzungen können nicht mehr aus der Welt geschafft werden.

Für die Praxis: Ab einer über Kleinstbetriebe hinausgehende Klientel kann es keine Kanzlei ausschließen, einen derartigen Besuch zu bekommen. Und wenn die Fahndung kommt, erscheint sie unangemeldet, meist sehr früh, wenn man gerade noch dabei ist, sich auf den Tag vorzubereiten. Und es sind absolute Profis, die im Zweifel sehr bestimmend und durchsetzungsstark auftreten. Sie treffen auf in diesem Bereich unerfahrene Mitarbeiter und auch Kanzleiinhaber, für die es nicht ungewöhnlich ist, in Alltagsfragen mit Finanzbeamten auf Augenhöhe zu sprechen. Die Beamten der Steuerfahndung unterscheiden sich aufgrund ihrer Aufgabenstellung gewaltig von den Sachbearbeitern in der Veranlagungsstelle.

In Fällen der Steuerfahndung sind die Bestimmungen des Strafgesetzbuches und der Strafprozessordnung mit den sich daraus ergebenden, teilweise durch das Grundgesetz gesicherten Schutzrechten der Mandanten zu beachten. Die Fahnder sind Hilfskräfte der Staatsanwaltschaft, deren Gegenpol der Strafverteidiger sein muss.

Daraus folgt: Eine Schulung der Mitarbeiter, in der Szenarien wirklichkeitsnah geschildert werden, ist in vielen Kanzleien zum Schutz der Mandanten, aber auch der Mitarbeiter der Kanzlei notwendig.

2. Verschwiegenheitsverpflichtung

Jeder Mandant muss seinem Berater, der ihn ordnungsgemäß beraten soll, Dinge anvertrauen, die er vor vielen Anderen verbirgt. Steuerberater kennen oft viele Einzelheiten aus dem Leben ihrer Mandanten, die Dritten, zumindest in dieser Dichte, niemals bekannt werden. Daher sieht das Steuerberatungsgesetz (StBerG) in § 57 Abs. 1 die berufsrechtliche Verschwiegenheitspflicht vor. Wer dagegen verstößt, begeht einen nach § 203 Abs. 1 Strafgesetzbuch (StGB) strafbaren Geheimnisverrat. Die Strafe kann Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder Geldstrafe sein. Alleine das zeigt, für wie schützenswert der Gesetzgeber die dem steuerlichen Berater anvertrauten Daten hält.

Steuerberater haben ihre Angestellten nach § 62 StBerG zur Verschwiegenheit zu verpflichten. Es ist berufsüblich, diese Verpflichtung durch die Unterzeichnung einer Verschwiegenheitserklärung herbeizuführen. Formulare werden zum Beispiel vom DWS3 oder von COLLEGA4 angeboten.

Daneben muss eine schriftliche Verpflichtung auf das Datengeheimnis nach § 5 Bundesdatenschutzgesetz (BDSG) erfolgen.

Für die Praxis: Die Bedeutung der Verpflichtung der Mitarbeiter auf die berufliche Verschwiegenheit und auf den Datenschutz muss gegenüber den Mitarbeitern deutlich herausgehoben werden.

Daraus folgt: Eine Schulung der Mitarbeiter, in der Szenarien wirklichkeitsnah dargestellt werden, ist notwendig. Diese sind mit Beispielen zu unterlegen. Auf die strafrechtlichen Folgen der  Nichtbeachtung ist hinzuweisen.

3. Zeugnisverweigerungsrecht

Die Verschwiegenheitsverpflichtung wird durch ein Zeugnisverweigerungsrecht nach § 53 Abs. 1 Nr. 3 der Strafprozessordnung (StPO) und das Aussageverweigerungsrecht nach § 102 Abgabenordnung (AO) in allen Fällen einer strafrechtlichen Ermittlung – und dazu gehören die Ermittlungen der Steuerfahndung – zu einer Zeugnisverweigerungspflicht. Alles, was ein Mandant seinem Steuerberater und dessen Mitarbeitern anvertraut hat, fällt darunter. Das Zeugnisverweigerungsrecht gilt solange, wie der betroffene Mandant den Steuerberater und seine Mitarbeiter hiervon nicht entbunden hat.

Für die Praxis: Die in der Kanzlei tätigen Personen müssen als Grundsatz wissen, dass alle Informationen, die in der Kanzlei gesammelt werden, dem Zeugnisverweigerungsrecht unterliegen. Hierbei kommt es nicht darauf an, ob es sich um Schriftstücke, EDV-Daten, Notizzettel oder in der Erinnerung der Menschen vorhandene Informationen handelt.

Daraus folgt: Art, Umfang und Bedeutung der von den Beamten der Steuerfahndung verlangten Daten können im Zeitpunkt der Durchsuchung der Kanzlei von den Mitarbeitern der Kanzlei (und oft auch für dem strafrechtlich nicht ausgebildeten Kanzleiinhaber) nicht bewertet werden. Da eine gänzliche Verweigerung einer Kooperation praktisch unmöglich ist, muss es als eiserner Grundsatz ohne Ausnahme gelten:

  1. Es werden mündlich keine Informationen preisgegeben.
  2. Schriftliche Unterlagen werden zur Vermeidung der Durchsuchung der Kanzlei herausgesucht und vorgelegt. Sie werden den Beamten der Steuerfahndung nicht übergeben. Hierauf wird hingewiesen. Es wird erklärt: "Ich übergebe Ihnen die Unterlagen nicht. Wenn Sie sie haben möchten, müssen Sie sie beschlagnahmen."


4. Die Befreiung von der Verschwiegenheitsverpflichtung

Während der Anwesenheit der Beamten der Steuerfahndung in der Kanzlei sollte man beim Mandanten nicht um die Entbindung von der Verschwiegenheitsverpflichtung nachsuchen. Wenn sie nämlich erteilt ist, muss man die Fragen beantworten und die Unterlagen herausgeben. Und eine vorschnell ausgesprochene Befreiung wurde schon oft bereut.

Für die Praxis: Die Frage, ob eine Mandant seinen steuerlichen Berater und/oder die Mitarbeiter von der Verschwiegenheitsverpflichtung entbindet, muss der Mandant mit seinem Rechtsanwalt klären. Die Entbindung von der Verschwiegenheitsverpflichtung sollte aus Nachweisgründen schriftlich erfolgen. Dort sollte auch festgehalten werden, ob die Entbindung für alle Informationen oder nur für Teile davon gilt.

Daraus folgt: Die Entscheidung über eine Entbindung obliegt alleine dem Mandanten.

5. Die Legitimation der Personen und der Umfang der Maßnahme

Die Beamten der Steuerfahndung müssen sich zu Beginn ihrer Tätigkeit – sozusagen als erste Amtshandlung – ausweisen. Mit einem bloßen Vorzeigen eines Ausweises sollte man sich nicht begnügen. Vielmehr sollte man den Ausweis genau prüfen und sich vor allem den Namen und Dienstgrad merken und zeitnah notieren (man vergisst schneller als man denkt).

Der nächste wichtige Schritt ist, sich den Durchsuchungsbeschluss vorlegen zu lassen. Hierbei handelt es sich um einen von einem Richter erlassenen Beschluss.

Man muss sich vergewissern, welche Informationen und Unterlagen betroffen sind. Nur auf diese darf sich die Durchsuchung erstrecken.

Für die Praxis: Wenn man sich den Namen der tätigen Beamten merkt, kann man sie ansprechen. Das entspannt die von der Sache nicht einfache Kommunikation.

In dem Durchsuchungsbeschluss ist angegeben, dass die Maßnahme bestimmte Steuerarten für bestimmte Zeiträume (meist Jahre) betrifft.

Daraus folgt: Es dürfen keinesfalls Unterlagen herausgesucht und zur Beschlagnahme bereit gelegt werden, die sachlich und zeitlich nicht aufgrund des Durchsuchungsbeschlusses gesucht werden.

6. Das Protokoll und die Liste der beschlagnahmten Sachen und Dokumente

Einer der Beamten (meist der Leiter) erstellt ein Protokoll über seine Amtshandlungen. Dort werden alle Maßnahmen festgehalten. Von dem Protokoll bekommt die Kanzlei eine Kopie.

Alle Amtshandlungen müssen vollständig dargestellt sein. Es muss auch festgelegt sein, dass die Unterlagen nicht übergeben, sondern beschlagnahmt wurden.

Für die Praxis: Das Protokoll und die Liste der beschlagnahmten Sachen und Dokumente sind die wichtigsten Unterlagen der Maßnahme. Alles, was da nicht festgehalten wurde, kann zum Nachteil des Mandanten geraten.

Daraus folgt: Keine Eile, keine Hektik. Alles in Ruhe und mit Geduld erledigen. Ein Hinweis, dass man auch nur seine Pflicht tue, wirkt manchmal wie ein Wunder. Denn es kann schon vorkommen, dass die Fahndungsbeamten nach der Beschlagnahme aufbrechen möchten und das Protokoll als lästiges Übel betrachten.

7. Schluss

Vorstehend wurde ähnlich einem Streiflicht auf einige sehr wichtige Einzelheiten im Zusammenhang mit Steuerfahndungen und Durchsuchungen in Steuerkanzleien hingewiesen. Neben den Standardkommentaren wird auf Mack5 und auf Arbeitspapiere zum 108. COLLEGA.TAG6 verwiesen. Letztere beinhalten Kopiervorlagen für Schulungsmaßnahmen und weiterführenden Unterlagen.

_________________________________
1 vgl. Fußnote 4
2 Es sei zur besseren Lesbarkeit gestattet, die männliche Form für Kanzleiinhaber und Steuerberater zu wählen. Gemeint sind immer die Damen und Herren Kollegen.
3
Deutsches wissenschaftliches Institut der Steuerberater e.V., http://www.dws-institut.de
4
COLLEGA Verband für EDV und Kanzleiorganisation für Angehörige der steuer- und rechtsberatenden sowie wirtschaftsprüfenden Berufe e.V., http://www.collega.de
5
Alexandra Mack, Köln, „Erscheinen der Steuerfahndung in der Beraterpraxis“ in Deutsche Steuerrecht 2011 S. 53
6
Dr. Wilhelm Schwarzmayr, Günter Hässel, Kurt Hengsberger „Durchsuchungsbeschluss für die Kanzleiräume“ in COLLEGA Datenschutz und Kanzlei-CD, Bezug über info@collega.de

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Günter Hässel: Steuerfahndung und Durchsuchung in der Steuerberater-Kanzlei

18.03.2024

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