Rückblick
VOI on Tour 4 Jahre elektronische Steuerprüfung
Vier Jahre elektronische Steuerprüfung war der Titel einer Reihe von Veranstaltungen, mit denen das Competence Center Steuern und Recht des VOI (Verband Organisations- und Informationssysteme e.V.)
vom 7. bis 10. November 2005 in Hamburg, Düsseldorf, Frankfurt und München on tour war. Experten aus der Finanzverwaltung, Steuer- und Unternehmensberater und Praktiker setzten sich mit dem aktuellen Stand der Entwicklungen rund um die GDPdU (Grundsätze zum Datenzugriff und zur Prüfbarkeit digitaler Unterlagen) auseinander. Besonders interessant waren die Erfahrungen, die die Beteiligten und Betroffenen bisher mit der elektronischen Steuerprüfung gesammelt haben.
Vortragsthemen und Referenten
Tendenz zur Datenträgerüberlassung
Die Außenprüfer sind inzwischen weitgehend in ihrer Prüfsoftware IDEA geschult und sind zunehmend verpflichtet, IDEA bei Prüfungen auch anzuwenden. Einzelne Finanzverwaltungen verlangen von ihren Prüfern eine schriftlichte Begründung für den Fall, dass sie konventionell und nicht elektronisch prüfen.
Bei elektronischen Prüfungen gibt es bei der Wahl der Zugriffsart durch den Prüfer eine starke Tendenz zur Datenträgerüberlassung (Z3). Denn nur bei der Datenträgerüberlassung stehen dem Prüfer die ihm vertrauten Auswertungsmöglichkeiten seiner Prüfsoftware zur Verfügung. Beim (un)mittelbaren Datenzugriff (Z1 und Z2) kann der Prüfer nur auf die im System vorhandenen Auswertungsmöglichkeiten zurückgreifen. Doch diese sind nicht auf die Auswertungsbedürfnisse des Prüfers hin konzipiert und daher oft nicht so ergiebig.
Beim Umfang der Prüfung durch Datenträgerüberlassung gibt es allerdings in manchen Bundesländern noch technische Beschränkungen. Hat das Prüfernotebook eine Festplatte von 12 GB, dann ist es praktisch unmöglich, eine DVD mit 5 GB Daten auf das Notebook einzulesen und danach noch Auswertungen mit IDEA vorzunehmen. Andere Prüfernotebooks haben keine USB-Schnittstelle, so dass Daten auf einem USB-Stick oder einer externen USB-Festplatte nicht direkt in das Prüfernotebook eingelesen werden können. In diesen Fällen oder bei Überlassung von Datenträgern wie Magnetbändern wird der Prüfer nicht auf eine elektronische Prüfung verzichten, sondern sich die Daten von der IT-Abteilung seiner Finanzverwaltung auf sein Notebook übertragen lassen.
Datensicherheit
Wenn die geprüften Unternehmen sicher gehen wollen, dass ihre überlassenen Datenträger und ihre darauf gespeicherten Daten nicht in falsche Hände gelangen, dann müssen sie sich entsprechende Gedanken machen. Die Prüfer haben ein eher sorgloses Verhältnis zum Datenschutz und es ist nicht auszuschließen, dass der Prüfer einen Datenträger einmal in der S-Bahn liegen lässt. Sobald die Daten allerdings auf der Festplatte des Prüfers sind, sind sie sicher, denn die Festplatten der Prüfernotebooks sind bundesweit kryptografisch verschlüsselt.
Die Datenträger, die dem Prüfer überlassen werden, enthalten oft nicht die Daten, die für den Prüfer relevant sind, dagegen viel Datenmüll (z.B. Tabellenspalten, die nirgendwo Einträge enthalten). Hier ist dem Unternehmen geraten, vor Überlassung an den Prüfer zu verifizieren, ob der Datenträger auch die richtigen Daten enthält.
Keine schnelleren Prüfungen
Einige mit der elektronischen Steuerprüfung verknüpften Erwartungen werden wohl nicht erfüllt. Aktuell und wohl auch in naher Zukunft gibt es keine schnelleren Prüfungen, sondern intensivere Prüfungen. Statt konventioneller Stichprobenprüfungen nutzt der Prüfer jetzt seine Zeit für vollständige Prüfungen. Das hat zur Folge, dass die Prüfungen nicht zeitnäher werden. Und damit schwinden auch die Hoffnungen auf eine Verkürzung der Aufbewahrungsfristen.
Sanktionen
Die Sanktionsmöglichkeiten der Finanzverwaltung sind nach wie vor ein stumpfes Schwert, insbesondere dann, wenn die Buchführung inhaltlich keinen Grund zur Beanstandung liefert sondern lediglich äußerliche formale Mängel aufweist. Diese resultieren dann zwar in einem Vermerk im Prüfbericht, haben jedoch keine finanzielle Konsequenz. Das Prüfungsklima kann allerdings darunter leiden und bei der Bank macht ein derartiger Vermerk auch keinen guten Eindruck. Doch die Finanzverwaltung ist bei den Sanktionen nicht untätig, sondern hat einen Sanktionskatalog bereits in Arbeit.
GoBS-Konformität
Formale Mängel bei der Buchführung findet der Prüfer, wenn er will, in jeder Buchführung. Denn kein System ist GoBS-konform. Zunehmend tritt in das Bewusstsein der Unternehmen, dass die Erfüllung der Anforderungen der GoBS für sie eine deutlich größere Herausforderung darstellt als die Erfüllung der Anforderungen der GDPdU. Mit einer Verfahrensdokumentation, in der die unternehmensspezifische Erfüllung der Anforderungen der GoBS beschrieben ist, tun sich die allermeisten Unternehmen nach wie vor schwer. Dabei gelten die GoBS bereits zehn Jahre, so dass die Unternehmen aus heutiger Sicht genügend Zeit hatten, die GoBS zu erfüllen.
Mehr Steuerehrlichkeit
Elektronische Steuerprüfungen zeigen Wirkung in den Unternehmen. Das zeigen Erfahrungen aus Österreich, das schon länger elektronisch prüft: Im Vergleich der Jahr 2003 und 2004 hat die Anzahl der Null-Prüfungen, also der Prüfungen, die zu keiner steuerlichen Nachforderung führten, zugenommen. Das bedeutet, dass die Steuerehrlichkeit zugenommen hat. Zugenommen hat auch die Anzahl der Selbstanzeigen. Bei Selbstanzeigen ist zu beachten, dass diese nicht mehr möglich sind, sobald sich ein überlassener Datenträger in der Hand des Prüfers befindet.
Steuerberater
Am wenigsten interessieren sich für die elektronische Steuerprüfung nach wie vor die Steuerberater. So haben beispielsweise nur vier der 450 von der Bernhard Starke GmbH in Nordhessen betreute Steuerberater IDEA im Einsatz. Der Rest wartet erst einmal ab. Allerdings beginnt sich ganz langsam bei den Steuerberatern und Wirtschaftsprüfern eine neue Dienstleistung zu entwickeln: zeitnahe Prüfungen (z.B. quartalsweise) der Unternehmensdaten.
Zeitnah sollten auch die Daten für die elektronische Steuerprüfung aus den produktiven Systemen abgezogen werden, sonst kann es zu Problemen mit historischen Stammdaten kommen.
Verhältinismäßigkeit
Bei jeder Lösung zur elektronischen Steuerprüfung gilt der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit. Wenn sich in einem GDPdU-Projekt ein unverhältnismäßig erscheinender Aufwand abzeichnet, dann empfiehlt es sich, das Gespräch mit dem zuständigen Betriebsprüfer zu suchen. In vielen Fällen führte das bereits zu vernünftigen Absprachen.
Unverhältnismäßig ist in jedem Fall, wenn der Prüfer konventionell mit Papier prüfen will und die Papierunterlagen komplett ausgehändigt haben will. Hierzu gibt es keine Verpflichtung seitens des Unternehmens. Konkret benannte Auszüge aus den Papierunterlagen darf der Prüfer aber anfordern.