02.10.2024
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E-Mail-Archivierung - Option oder Pflicht?Von Walter Steigauf
Walter Steigauf ist Geschäftsführer der UnITeK GmbH und der Steigauf Daten Systeme GmbH. Er ist IT-Kaufmann und seit über 15 Jahren auf dem Gebiet des Informations- und Dokumenten Management tätig. Spezialgebiet: elektronische Archivierung. Die Kommunikation per E-Mail ist ein Synonym für den Übergang von der konventionellen in die digitale Geschäftswelt und eine der wichtigsten Errungenschaften der letzten Jahre. Gleichzeitig belasten E-Mails die Unternehmens-IT, sind Medium für zwielichtige Elemente und insgesamt eine Herausforderung für die Unternehmensführung. Büro und Verwaltung in der konventionellen Geschäftswelt wurden dominiert von PCs mit Druckern, von Ordnern, Hängemappen und Regalen. Zur schriftlichen Kommunikation wurde getippt, gedruckt, kopiert, kuvertiert oder gefaxt, die Ergebnisse getreulich gelocht und abgeheftet. Alles war klar und geregelt, bis die E-Mails aufkamen ... Auf den ersten Blick unterscheidet sich die digitale Geschäftswelt nur wenig von der konventionellen. Dass jetzt der größte Teil der schriftlichen Kommunikation per E-Mail abgewickelt wird, scheint nicht so gravierend. Tatsächlich gehen die Veränderungen aber tief. Nicht nur, dass das formelle Sehr geehrte/r meist zum vertraulichen Hallo mutiert; der grundlegende Unterschied ist der, dass E-Mails nur mehr selten dort abgelegt werden, wo sie formal hingehören, nämlich in eine ordentliche und sichere Struktur. Meist werden sie nur im virtuellen Briefkasten (genannt Mailsystem) mehr oder weniger gut sortiert aufbewahrt. Der Begriff der geordneten Ablage wird neu definiert. Und weil das mit den E-Mails so geübt wird, findet auch von den übrigen ausgehenden Dokumenten kaum noch eine Hard Copy den Weg in die Ablage. Anstatt dessen bleibt eine Datei im Filesystem. Nur die traditionelle Eingangspost wird nach wie vor gelocht und abgeheftet, evtl. sogar digital archiviert. Dieses inhomogene Verfahren weist Mankos auf, die den durch E-Mail erzielbaren Vorteil teilweise wieder zunichte machen. Manko Nr. 1 - die heterogene Struktur; Informationen und Dokumente liegen in zwei oder drei unterschiedlichen Systemen, meist noch verteilt auf verschiedene Orte: In Ordnern, im Filesystem und im Briefkasten. War es früher schon schwierig, Dokumente zu einem Vorgang zusammenzusuchen, wird es heute regelrecht zum Puzzle oder Glückspiel. Manko Nr. 2 - die virtuellen Briefkästen; sie wurden zunächst als solche konzipiert und erst nachträglich mit Ordnungs- und Organisationsmitteln ausgestattet. Ihre Kapazität ist begrenzt und die Ordnung darin eher pseudo. Physikalische und Revisionssicherheit sind nur mit hohem Aufwand zu erzielen, wenn überhaupt. Manko Nr. 3 - weil die Kapazität der Briefkästen die E-Mail-Flut kaum bewältigen kann, müssen sie von Zeit zu Zeit geleert werden. Dabei gehen zwangsläufig Daten mit verloren, die, wenn schon nicht lebensnotwendig, aber meist aufbewahrungspflichtig sind. Manko Nr. 4 - hierarchische Strukturen in Briefkästen und Filesystemen; jeder kennt das Prinzip, aber kaum jemand durchblickt das Prinzip von Kollegen und Mitarbeitern. Die Folge sind mehrfache Redundanzen, lange Suchzeiten und immer wieder Datenverluste. Weder E-Mail- noch Filesysteme wurden für die klassische Archivierung konzipiert. Zur revisionssicheren Aufbewahrung von Dokumenten auf Dauer sind sie nur bedingt geeignet. Eine weitere - vielfach unbeachtete Aufgabe - bringt die digitale Geschäftswelt für alle die Unternehmen mit sich, die ihren Mitarbeitern erlauben, das E-Mail-System für private Zwecke zu nützen: sie müssen sich mit den rechtlichen Pflichten und erheblichen Risiken von Fernmeldegeheimnis und Datenschutz stellen, welchen sie in diesem Falle unterliegen. Selbst das (automatische) Ausfiltern von Spam kann Konflikte heraufbeschwören, wenn er an Mitarbeiter privat adressiert ist; auch nach deren Ausscheiden noch. Müssen E-Mails tatsächlich archiviert werden?Ja und nein. E-Mails unterscheiden sich lediglich in der Form der Übermittlung von dem, was früher gedruckt und entweder per Post oder Fax auf den Weg gebracht bzw. intern als Aktennotiz in Umlauf gegeben und abgelegt wurde. Und was bisher galt, gilt auch heute: Entscheidungskriterium AufbewahrungspflichtSobald eine E-Mail eine rechtsrelevante Erklärung enthält, vom Charakter her einem Handels- oder Geschäftsbrief entspricht, einen Buchhaltungs-Beleg darstellt, der Dokumentation von betriebswichtigen Vorgängen dient oder den sonstigen Unterlagen, welche für die Besteuerung von Bedeutung sind, zugeordnet werden kann, greift die gesetzliche Aufbewahrungspflicht nach HGB und Abgabenordnung (AO). Für viele E-Mails trifft das zu. Die Antwort lässt sich oft auch ganz einfach finden: würde das betreffende Schriftstück oder Dokument, falls es in Papierform vorläge, unter normalen Umständen im Unternehmen aufbewahrt werden? Wenn ja, muss auch die E-Mail aufbewahrt werden. Müssen E-Mails in elektronischer Form archiviert werden?Ja. Während die Aufbewahrungspflicht in den §§ 239 und 257 des HGB sowie in den ursprünglich fast gleich lautenden §§ 146 und 147 der AO längst geregelt ist, gelten für Art und Umfang die seit 1.1.2002 in der AO deutlich erweiterten Regeln. Wo sich das HGB mit Aufbewahrung begnügt und die digitale Form erlaubt, schreibt § 147 Abs. 2 der AO nunmehr vor, dass Bücher, empfangene und abgesandte Handels- und Geschäftsbriefe, Buchungsbelege und die sonstigen Unterlagen, soweit sie für die Besteuerung von Bedeutung sind, so aufzubewahren sind, dass sie jederzeit verfügbar, unverzüglich lesbar gemacht und maschinell ausgewertet werden können(!), falls sie auf Datenträgern geführt, bzw. aufbewahrt werden. Diese Erweiterung schafft die Voraussetzungen für die sog. elektronische Steuerprüfung, die im Absatz 6 des selben Paragraphen formuliert ist. Bedeutet das tatsächlich die digitale Archivierungspflicht für E-Mails?Denkbar wäre schließlich, dass E-Mails ausgedruckt und in Papierform aufbewahrt werden. Klarheit schaffen hier die GDPdU, die den Umgang mit den §§ 146 und 147 AO erläutern (sollen). Dort heißt es in Abschnitt III unter Archivierung digitaler Unterlagen: Originär digitale Unterlagen nach § 146 Abs. 5 AO sind auf maschinell verwertbaren Datenträgern zu archivieren. Und weiter: originär digitale Unterlagen sind die in das Datenverarbeitungssystem in elektronischer Form eingehenden und die darin erzeugten Daten. Für E-Mails trifft diese Definition in jedem Falle zu, ebenso für Faxe. Falls E-Mails elektronische Abrechnungen im Sinne des § 14 Abs. 2 UStG enthalten, gelten nochmals erweiterte Vorschriften für die Archivierung (Abschnitt II der GDPdU). Das gleiche gilt für per EDI übermittelte elektronische Rechnungen. Maschinell verwertbarer DatenträgerWährend dieser Begriff selbst für Laien klar scheint, wird er durch die Definition in der GDPdU als maschinell lesbarer und auswertbarer Datenträger eher verwischt. Es muss sinngemäß heißen Datenträger mit maschinell les- und auswertbaren Daten. Damit gewinnt auch der zweite Absatz unter Abschnitt III, Ordnungspunkt 1. der GDPdU Logik. Er besagt, dass keine Pflicht zur Archivierung einer Unterlage in maschinell auswertbarer Form besteht, wenn diese Unterlage zwar DV-gestützt erstellt wurde, sie aber nicht zur Weiterverarbeitung in einem DV-gestützten Buchführungssystem geeignet ist (z.B. Textdokumente). Dieser Satz stellt darauf ab, dass eine digitale Unterlage zwar immer maschinell lesbar, nicht aber auch maschinell auswertbar sein kann. Über diese Art der Interpretation herrscht zwischen den Fachkreisen der Finanzverwaltung und der Branchenverbände inzwischen Konsens. NebeneffektAndererseits lässt sich aus dieser Interpretation ableiten, was bisher noch kaum Gegenstand einer Diskussion über die Umsetzung der GDPdU war: dass nämlich alle per DV erstellten aufbewahrungspflichtigen Dokumente ebenfalls (nur) in digitaler Form archiviert werden müssen (oder dürfen?); nicht maschinell auswert-, aber lesbar. Eine einleuchtende, im Grunde sinnvolle und auch noch leicht erfüllbare Konsequenz. Formale Schlussfolgerung für die E-Mail-Archivierung (u.a.):
Wenn die Archivierungspflicht greift, gelten folgende Vorgaben:
Schlussfolgerung für die Praxis:
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