"'Steuerlich relevant' sind Daten immer dann, wenn sie für die Besteuerung des Steuerpflichtigen von Bedeutung sein können." so heißt es in den "Fragen und Antworten zum Datenzugriffsrecht der Finanzverwaltung" des BMF. Und weiter "Nach den GDPdU ist es Aufgabe des Steuerpflichtigen, die steuerrelevanten Daten von den anderen abzugrenzen." Der schwarze Peter bei der Abgrenzung der steuerlich relevanten Daten wird den Unternehmen zugeschoben. Ihnen allein wird die Last aufgebürdet, die richtigen Daten in ihrer komplexen IT zu identifizieren.
Bei der Finanzbuchhaltung ist das kein großes Problem. Was ein Buchungssatz ist, darüber herrscht weitgehend Konsens. Da flutschen die Buchführungsdaten dann auch aus dem Unternehmen nur so ins Notebook des Betriebsprüfers und stehen fix zur Auswertung bereit. Anders sieht es bei der Lohnsteueraußenprüfung aus. Eine Lohnabrechnung hat eine wesentlich komplexere Struktur als ein Buchungssatz. Die Lohndaten analysebereit ins Notebook zu bekommen, tun sich die Lohnsteueraußenprüfer offensichtlich schwer. Mit hunderten von Lohnabrechnungsprogrammen sind sie konfrontiert. Jedes hat sein eigenes Datenmodell. Jedes erlaubt (vermutlich) einen Datenexport zur Datenträgerüberlassung. Der Import in die Datenanalysesoftware ist wohl eher unproblematisch. Aber dann ... .
Zur Prüfung einer Finanzbuchhaltung wird diese vom Prüfer so schnell wie möglich standardisiert. Zunächst wird aus den Buchungsdaten ein Standardjournal aufgebaut, dann laufen auf diesem standardisierte Prüfungen. Das ist bei Lohndaten nicht so einfach. Da muss der Prüfer etwas virtuoser auf der Klaviatur seiner Prüfsoftware spielen. Was wohl nicht jedes Finanzbeamten Sache ist. Und es braucht seine Zeit. Aufwand, den sich der Fiskus gerne sparen will. Und so kam er auf die Idee, die Standardisierung der Daten, die bei der Prüfung der Finanzbuchhaltung der Prüfer übernimmt, bei der Lohnsteueraußenprüfung auf die geprüften Unternehmen abzuschieben. Gezwungen werden können die Unternehmen dazu allerdings nicht. Doch mit einem attraktiven Angebot könnten sie animiert werden, freiwillig mitzumachen. Und so entstand die Digitale LohnSchnittstelle (DLS).
Die DLS soll eine einheitliche Strukturierung und Bezeichnung der Dateien und Datenfelder unabhängig von dem beim Arbeitgeber eingesetzten Lohnabrechnungsprogramm sicherstellen. Hinter dem, was auf den ersten Blick wie eine technische Schnittstelle daherkommt, steckt allerdings mehr: eine Taxonomie der Lohnabrechnung. Vom Prinzip dasselbe wie bei der E-Bilanz. Die semantische Definition eines Gegenstandsbereichs mittels Attributen in Verbindung mit einem technischen Austauschformat.
So viel Klarheit würden sich die Unternehmen vom Fiskus nicht nur für die Lohnabrechnung wünschen, sondern für alle steuerlich relevanten Daten. Doch selbst bei der DLS macht die Finanzverwaltung gleich wieder einen Rückzieher: "Die DLS stellt jedoch im Rahmen der digitalen Zugriffsmöglichkeit keine abschließende Definition und Aufzählung der steuerrelevanten Daten dar, ... . Das Datenzugriffsrecht ... auf darüber hinausgehende prüfungsrelevante steuerliche Daten bleibt hiervon unberührt."
Für die Unternehmen und die Hersteller von Lohnabrechnungssoftware ist damit nichts gewonnen. Im Gegenteil. Sie müssten statt einer künftig zwei Schnittstellen bedienen, die DLS und eine Schnittstelle für die darüber hinausgehenden prüfungsrelevanten steuerlichen Daten, auf die sich der Fiskus nicht festlegen will. Attraktiv für die Unternehmen ist das Angebot der DLS damit nicht. Ich bin gespannt, wie viele Unternehmen sich darauf einlassen werden.
Ihr Gerhard Schmidt