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Den Pelz waschen, ohne nasszumachen

Editorial des Email-Newsletters 10-2016 vom 28.10.2016

28.10.2016

Gerhard Schmidt

Gerhard Schmidt
Chefredakteur des "Forum Elektronische Steuerprüfung".

 

Dass all denen der Pelz gewaschen gehört, die mit Kassen Steuern betrügen, mahnt der Bundesrechnungshof seit vielen Jahren an. "Jetzt waschen wir euch den Pelz!“ wirft sich die Bundesregierung mit ihrem „Entwurf eines Gesetzes zum Schutz vor Manipulationen an digitalen Grundaufzeichnungen“ in die Brust. Um schnell hinzuzufügen: „Aber wir machen euch nicht nass, versprochen!" Gut, ein bisschen mit Wasser müssen wir schon spritzen, um wenigstens den Anschein der Ernsthaftigkeit zu erwecken. Will heißen: Wir verhackstücken erst einmal das Ganze, ignorieren Teile davon, delegieren sie an Dritte oder verschieben die Details auf später.

Das fängt schon beim Titel an. Die Manipulationen an digitalen Grundaufzeichnungen ist ja nur ein Teil des Problems in den Bargeldbranchen. Was ist, wenn gar nicht an der Kasse manipuliert wird, sondern einfach eine Zweitkasse daneben gestellt wird, die steuerlich außen vorgelassen wird? Oder wenn Geschäftsvorfälle überhaupt nicht in die Kasse eingegeben werden? Das fragen sich die Bundesländer (siehe Bericht über ihre Stellungnahme im Bundesrat). Und fordern hier „Wasser marsch!“ Im Klartext: eine Belegausgabepflicht und die zentrale Registrierung der Sicherheitskomponenten der Kassen. In vielen anderen Ländern längst so geregelt.

„Nicht hier bei uns!“ kontert die Bundesregierung. Völlig untauglich! Wenn Unternehmer und Kunde „kollusiv zusammenwirken“, also  im Vorfeld vereinbaren, dass kein Beleg ausgestellt werden soll und der Umsatz überhaupt nicht erfasst wird, könne dies auch durch eine Belegausgabepflicht nicht verhindert werden. Stellen wir uns das einmal konkret vor, was der Finanzminister hier wohl im Hinterkopf hat. Da bilden sich allabendlich in den Restaurants der Republik spontan temporäre kriminelle Vereinigungen aus Wirt und Gast. Zigtausende täglich bei einer so korruptionsanfälligen Bevölkerung wie der unseren. Für einen Grappa aufs Haus verständigt man sich doch gerne augenzwinkernd mit dem Kellner zum gemeinsamen Steuerbetrug. Polizei und Justiz wären heillos überfordert, diese vom Fiskus provozierte neue Form von Massenkriminalität in den Griff zu bekommen. Also: Belegausgabepflicht geht gar nicht!

Ist meine Phantasie jetzt etwas mit mir durchgegangen? Oder bin ich der Bundesregierung auf den Leim gegangen, die belanglose argumentative Häppchen in die Runde wirft in der Hoffnung, dass sich die Kritiker daran abarbeiten und sich nicht auf die wirklich wichtigen Punkte konzentrieren?

Und selbst wenn diese wollten. So einfach wird es ihnen nicht gemacht. Denn wichtige Fragen werden erst einmal in eine Rechtsverordnung ausgelagert, für die es noch keinen Entwurf gibt, oder an das Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik übertragen, wobei heute noch niemand weiß, was dort jemand an technischen Vorgaben für eine Sicherungseinrichtung einfällt und wann Kassensysteme, die diese Vorgaben erfüllen, dann irgendwann einmal am Markt und später im Einsatz sind.

Bei so vorbildlicher Transparenz in der Gesetzgebung wie im Fall des Kassengesetzes, wo jeder Bürger und Betroffene sofort versteht, was die Regierung will und macht, ist mir der Nährboden unerklärlich, auf dem sich zur Zeit Bewegungen bilden, die meinen, sich einer Abgehobenheit des politischen Establishments widersetzen zu müssen.

Ihr Gerhard Schmidt

 

 

 

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Editorial 2016-10: Den Pelz waschen, ohne nasszumachen

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