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Quo Vadis eBilling?

Von Walter Steigauf

05.02.2009

Walter Steigauf

Walter Steigauf
Walter Steigauf ist Geschäftsführer der UnITeK GmbH und der Steigauf Daten Systeme GmbH. Er ist IT-Kaufmann und seit über 15 Jahren auf dem Gebiet des Informations- und Dokumenten Management tätig. Spezialgebiet: elektronische Archivierung.

eBilling, so ein gebräuchlicher Kurzbegriff für das Übermitteln von Rechnungen auf elektronischem Wege, scheint derzeit zu einem Hype-Thema stilisiert zu werden. Dabei klaffen Wunsch und Wirklichkeit noch weit auseinander. Je nach Interessenlage versprechen sich Rechnungs-Ersteller und -Empfänger wechselseitig, Dienstleister beiden Seiten hohe Kostenvorteile und versuchen die potenziellen Teilnehmer davon zu überzeugen. Fakt ist, dass derzeit nur etwas über 7 (sieben!) Prozent der jährlich B2B ausgetauschten ca. drei Milliarden Rechnungen elektronisch übermittelt werden, ein guter Teil davon per EDI-Verfahren, für welches eigene technische und ordnungspolitische Regeln gelten. Die Diskrepanz zwischen dem Angebot an Dienstleistungen für das Signieren, Validieren und Archivieren der elektronischen Rechnungen und der tatsächlichen Nachfrage könnte kaum größer sein. Woran liegt das?

An den Regularien?

Die Vorschriften, welche Merkmale eine Rechnung aufzuweisen hat, sind im § 14 UStG geregelt. Auch die Maßgabe, dass eine auf elektronischem Wege übermittelte Rechnung zwingend mit einer qualifizierten elektronischen Signatur versehen sein muss, steht dort. Rechnungen, bei denen (zumindest) eines dieser Merkmale fehlt, berechtigen den Empfänger zwar u.U. zum Ansatz als Betriebsausgabe, keinesfalls aber zum Vorsteuerabzug.

Das Recht zum Abzug der in einer Rechnung ausgewiesenen Vorsteuer besitzt nach § 15 UStG jeder Unternehmer, der im Besitz einer nach § 14 korrekt ausgestellten Rechnung ist. Das gilt auch für elektronisch empfangene Rechnungen – sofern sie, siehe oben – eine qualifizierte digitale Signatur aufweisen. So weit, so klar.

Da Kontrolle die Mutter des deutschen Steuerwesens ist und sich elektronische Dokumente mit traditionellen Mitteln nicht prüfen lassen, hat der Gesetzgeber die Zulässigkeit des eBilling auch in der Abgabenordnung berücksichtigt und ihm, in der löblichen Absicht, Klarheit(!) zu schaffen, in der GDPdU einen eigenen Abschnitt gewidmet. Dieser findet sich unter der Überschrift „elektronische Abrechnung“ in Kapitel II, Absatz 1 und besagt, dass „der Originalzustand des übermittelten, ggf. noch verschlüsselten Dokuments jederzeit überprüfbar sein muss“. Eine logische Forderung im Hinblick auf § 15 UStG. Leider hat man es damit nicht bewenden lassen, denn es folgt ein inhaltsschwerer Nachsatz. Von den darin aufgelisteten Voraussetzungen erscheinen einige logisch, andere nur schwer realisierbar, bzw. nur mit unverhältnismäßigem Aufwand überprüfbar. Zum Teil können sie auch schlicht nichts zur „Prüfung des Originalzustandes“ beitragen, im Einzelnen:

  • die Prüfung der Signatur vor der Verarbeitung der elektronischen Abrechnung „auf die Integrität der Daten und die Signaturberechtigung“ sowie das Protokollieren des Ergebnisses.
    • Diese Forderung ist in der Praxis ohne Hilfe Dritter nur schwer umzusetzen, bringt der Finanzverwaltung, da kaum überprüfbar, auch kaum mehr Sicherheit (Vorsteuerbetrüger setzen einfacher auf Papier)
  • die Speicherung der elektronischen Abrechnung in unveränderbarer Form
    • eine logische Forderung mit Potenzial für zusätzlichen Nutzen im Unternehmen
  • die Protokollierung von Eingang, Archivierung usw. sowie die weitere Verarbeitung der elektronischen Abrechnung
    • in welchem System, in welcher Form soll protokolliert werden? Müssen die Protokolle auch archiviert werden? Diese Forderung können allenfalls Dienstleister oder komplexe Systeme erfüllen. Ein Bezug zur Praxis und zum Nutzen ist nicht erkennbar.
  • das Aufbewahren des Zertifikats des Empfängers.
    • Wozu, bitte, muss der Rechnungs-Empfänger in diesem Zusammenhang sein eigenes Zertifikat aufbewahren?
  • Dass alle in diesem Rahmen angewandten Verfahren den GoBS entsprechen sollen, erscheint dagegen nur recht und billig.

Damit sich eBilling in der Breite durchsetzen kann, muss das Verfahren auf die tatsächlich wichtigen Punkte reduziert werden:

  • Prüfung – die elektronische Eingangsrechnung muss qualifiziert signiert sein, der Absender authentisch und aktuell berechtigt sein, qualifiziert zu signieren.
  • Archivierung – die Rechnungen müssen den GoBS entsprechend elektronisch archiviert werden, also über die Dauer der Aufbewahrungspflicht unveränderbar gespeichert sowie jederzeit und unverzüglich bildlich, bzw. inhaltlich wiedergegeben werden können.
  • Und natürlich muss es für alle Beteiligten jederzeit möglich sein, die Integrität und Authentizität der Signatur einer jeden elektronischen Rechnung überprüfen zu können.

Mit diesen Punkten ist den Pflichten ordentlicher Kaufleute entsprochen und die zur Nachprüfbarkeit durch die Finanzverwaltung sind erfüllt. In der Praxis konzentrieren sich die steuerlichen Außenprüfungen durch die Finanzverwaltung heute schon auf diese Fakten. Zumindest in Bayern ist das dem Vernehmen nach so.

An deren Auslegung?

Wie in Deutschland gern geübt, wird die Auslegung von Vorschriften mit mehr Energie verfolgt als deren Umsetzung in die Praxis. Dabei sind die GDPdU samt den sie erhellen sollenden nachgeschobenen Dokumenten der Finanzverwaltung ein dankbares, aber auch denkbar schwieriges Objekt.

Signifikantes Beispiel dafür ist die Begleitmusik zum Tanz um das goldene Kalb „Signieren und Signatur prüfen“ der elektronischen Rechnungen. Die Frage: wer muss/darf für wen was leisten, beschäftigt ein Heer von Spezialisten aller Fachrichtungen. Wozu?

Die §§ 14 und 15 UStG besagen, wie eine korrekte Rechnung auszusehen hat und dass der Besitzer einer solchermaßen korrekten die Ausgaben geltend machen sowie die Vorsteuer von seiner Umsatzsteuerschuld absetzen darf. Sie verschweigen aber, wer die Signatur erstellen und wer sie prüfen muss. Klar ist, dass die Signatur vom Rechnungsersteller oder von einem beauftragten Dritten erstellt werden und (lt. GDPdU vor der Verarbeitung) geprüft werden muss. Die Signatureinheit muss von einem zertifizierten Diensteanbieter erstellt werden, die Signaturprüfung mit Tools von einem ebensolchen vorgenommen.

Was spricht also dagegen, dass ein Rechnungsersteller signiert, seine Signatur anschließend mit einem zugelassenen Tool prüft und die Rechnung samt Bestätigung über die Korrektheit der Signatur sowie des Prüfprotokolls an den Empfänger übermittelt? Der Ein- wand des Selbstkontrahierens kann wohl nicht verfangen, denn die Bestätigung der Korrektheit einer Signatur wird von einer neutralen Instanz ausgefertigt, ähnlich wie beim Post- Ident-Verfahren. Auch ein Interessenkonflikt beim Rechnungsersteller ist schwer konstruierbar, denn er kann

a) keinerlei Vorteil aus dem Signieren mit ungültigen Zertifikaten ziehen
b) kaum eine positive Bestätigung erlangen, wenn er es denn unternähme.

Er hätte aber den Vorteil, dass er sofort einen Hinweis erhielte, falls in seinem Haus mit einem ungültigen Zertifikat signiert würde und der Empfänger erhielte damit sogar die geforderte Prüfbescheinigung frei Haus und könnte sie mit archivieren.

Angesichts dessen, dass der Signaturprüfung in der Praxis nicht die Bedeutung beikommt wie gerne kolportiert, scheint die Frage nach der Zulässigkeit dieses Verfahrens aber eher hypothetisch.

Oder am geübten Prozedere?

Die Erfahrung zeigt, dass sich mittelständische und kleinere Unternehmen von eBilling bislang nur wenig oder gar nicht tangiert fühlen. Sie sehen für sich keinen Nutzen darin. Falls sie sich doch interessieren, weil sie entweder Versender oder Empfänger großer Mengen von Rechnungen sind, stoßen Sie auf der Gegenseite nur selten auf das gewünschte Interesse. Das ist schade, denn eBilling bietet unzweifelhaft Vorteile.

Wem bietet eBilling potenziell Vorteile?

  • Den Rechnungserstellern – sofort und real
    • im Wegfall der Druck- und Papierkosten
    • im Wegfall des Aufwandes für Kuvertieren und Frankieren
    • im Wegfall der Portokosten
  • Den Rechnungsempfängern – zunächst meist nur theoretisch
    • im Wegfall des Post-Handlings (Öffnen, Stempeln, Verteilen usw.)
    • in der Möglichkeit, die Rechnungen automatisch zu verarbeiten (Prüfungs-Workflow, Verbuchen, Archivieren)
  • Der Volkswirtschaft – bei breiter Akzeptanz bestimmt
    • geringerer Rohstoffverbrauch für Papier
    • geringerer Energieverbrauch für Herstellung und Transport
    • höhere Wertschöpfung durch Wegfall unproduktiver Arbeiten
    • verbessertes Finanzmanagement durch schnellere Rechnungs-Verarbeitung

eBilling kann sich also durchaus lohnen. Im Gegensatz zum EDI-Verfahren gibt es aber bislang weder Norm noch Standard für die Art und Weise, in der die Daten übermittelt werden. Nicht einmal ernsthafte Bemühungen sind erkennbar, um dieses Manko zu beseitigen. Ohne ein einheitliches Verfahren wird eBilling aber schwerlich aus seiner Nische heraus kommen und die notwendige Akzeptanz zu finden. Dabei scheint die Lösung weit weniger kompliziert als vielfach angenommen.

Das sind die Fakten:

Eine elektronische Rechnung besteht zumindest aus zwei Komponenten:

  • einem visualisierbaren Datensatz (Image) von der Rechnung, z.B. PDF/A
  • der digitalen Signatur

Damit der Empfänger die Rechnung automatisch verarbeiten kann, benötigt er eine Reihe von automatisch verarbeitbaren Informationen über sie, vom Absender über Datum und Nummer, Steuersätze, Beträge, evtl. Bestellbezug und mehr, die sogenannten Metadaten. Diese Daten müssen als dritte Komponente mit jeder Rechnung mitgeliefert werden. Die Gretchenfrage lautet: in welchem Format, mit welcher Syntax? Die Antwort scheint klar: Nur wenn Format und Syntax einheitlich, außerdem so einfach und klar strukturiert sind, dass jeder Software-Hersteller (von Lexware bis SAP) die Daten entsprechend ausgeben bzw. übernehmen kann, wird eBilling letztlich Verbreitung finden.

Die Herausforderung lautet:

Aus den vielen technischen Möglichkeiten und in Frage kommenden Protokollen muss ein Verfahren extrahiert und definiert werden, das diesen Anforderungen gerecht wird.

Es muss ein eBilling-Standard geschaffen werden!

Und nach diesem Standard zu verfahren muss allen Interessierten und Beteiligten offen stehen. Seine Anwendung darf durch keinerlei Partikularinteressen eingeschränkt werden. Mit einem solchen Standard arbeitet PaperMatic, ein Verfahren zum papiergestützten automatisierten Datenaustausch auf Basis von Data Matrix Codes.

Genau so wichtig wie das Schaffen eines Standards wird sein, dass Ausgabe und Übernahme von elektronischen Rechnungen für die Anwender so einfach wie nur möglich gestaltet wird. Die Ausgabe auf Knopfdruck oder z.B. qua Einstellung im Kundenstamm, die Übernahme durch einfachen Import, gegebenenfalls samt automatisierten (Signatur-) Prüfungsverfahren und Protokollen. Hier ist die Kreativität der Software-Anbieter gefordert.

Zusammenfassung

eBilling die gebührende Verbreitung zu verschaffen lohnt sich unter betriebs- und volkswirtschaftlichen Gesichtspunkten. Wenn sich die Quote von jetzt gut sieben Prozent z.B. auf ein Drittel verbessert, müssen die Unternehmen jährlich eine Milliarde (1.000.000.000) Papierdokumente weniger bewegen, es lassen sich ca. 5000 t Rohstoffe und die Energie für Herstellung und Transport von Sendungen samt Inhalt sparen. Dabei muss bei einem Drittel noch lange nicht Schluss sein.

Angesichts der ständig steigenden Herausforderungen an die Wirtschaft im globalen Wettbewerb muss sie jede Möglichkeit zum sinnvollen Rationalisieren nützen. Mit einem geeigneten Verfahren – einem allgemein gültigen und frei zugänglichen Standard – zur Umsetzung von eBilling in die Praxis kann sie hier einen Markstein setzen.

Je früher der Standard definiert ist um so eher werden alle Beteiligten von den Vorzügen des eBilling profitieren.

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Walter Steigauf: Quo Vadis eBilling?

18.03.2024

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