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Outsourcing von elektronischen Rechnungen aus umsatzsteuerlicher Sicht

Von Stefan Groß und Bernhard Lindgens


Stefan Groß

Stefan Groß, Steuerberater und Certified Informations Systems Auditor (CISA) ist Partner von Peters Schönberger & Partner GbR,
einer renommierten Kanzlei von Steuerberatern, Wirtschaftsprüfern und
Anwälten in München. Er beschäftigt sich bereits seit vielen Jahren mit
dem steuerrechtlichen und verfahrenstechnischen Umfeld der
elektronischen Steuerprüfung.

Bernhard Lindgens

Bernhard Lindgens war von 1987 bis 2002 im Bundesministerium der Finanzen für den EDV-Einsatz in der Steuerfahndung zuständig. In diesem Zusammenhang wirkte er an Gesetzgebungsvorhaben und Fragen- und Antwortenkatalog zum Datenzugriffsrecht der Finanzverwaltung mit. Seit 2002 ist er im Bundeszentralamt für Steuern im Bereich Betrugsbekämpfung tätig.

Die rechtlichen und organisatorischen Hürden beim elektronischen Rechnungsversand führen dazu, dass immer mehr Unternehmen von der Möglichkeit Gebrauch machen, elektronische Rechnungen von externen Dienstleistern erstellen und an den Kunden versenden zu lassen. Was viele dabei übersehen, nicht jedes Modell ist aus umsatzsteuerlicher Sicht geeignet. Zur Beurteilung muss insbesondere zwischen zwei von Signatur-Dienstleistern praktizierten Modellen unterschieden werden, dem sogenannten Fremdsignierungs- und dem Vertretungsmodell. Beide unterscheiden sich in erster Linie dadurch, wer mit wessen Signatur das elektronische Rechnungsdokument erzeugt. Während beim Fremdsignierungsmodell der Signatur-Dienstleister die Rechnung mit der Signatur des Auftraggebers erstellt, ist das Vertretungsmodell dadurch gekennzeichnet, dass der Dienstleister selbst als Signierender auftritt. In der Praxis wird aktuell kontrovers diskutiert, inwieweit mit dem jeweiligen Modell eine nach dem Umsatzsteuerrecht gültige Rechnung erzeugt werden kann bzw. welche Voraussetzungen erfüllt sein müssen, um das Recht auf Vorsteuerabzug beim Kunden sicherzustellen. In den nicht seltenen Fällen, in denen der Signatur-Dienstleister nicht nur für den Rechnungsaussteller, sondern zusätzlich auch noch für den Rechnungsempfänger tätig wird und für diesen die Signaturprüfung (Verifikation) bzw. gegebenenfalls die Archivierung der elektronischen Abrechnung übernimmt, verschärft sich diese Problematik weiter. Wichtig: Abschnitt 184a Abs. 7 der Umsatzsteuerrichtlinien sieht vor, dass ein Dritter, hier Signatur-Dienstleister, auf der Grundlage der §§ 93ff. AO verpflichtet werden kann, dem Finanzamt die Prüfung des Verfahrens durch die Erteilung von Auskünften und Vorlage von Unterlagen in seinen Räumen zu gestatten. Dies macht das Vorhandensein einer aussagekräftigen Verfahrensdokumentation für den Signatur-Dienstleister unverzichtbar.

Fremdsignierungsmodell

Beim Fremdsignierungsmodell gibt der Unternehmer dem Signatur-Dienstleister seine sichere Signaturerstellungseinheit nebst PIN, um die elektronischen Rechnungen mit einer qualifiziert elektronischen Signatur zu versehen. Damit ist der eigentliche Inhaber des Signaturschlüssels allerdings nicht mehr in der Lage, seine Signaturerstellungseinheit vor unbefugter Nutzung zu schützen. Mehr noch, durch die Übergabe des Schlüssels – verbunden mit dem Ausschluss der alleinigen Kontrolle – scheitert die zweifelsfreie Zuordnung der erzeugten Signatur zum Rechnungsaussteller. Im Ergebnis liegt insoweit keine qualifizierte elektronische Signatur i.S.d. § 2 Nr. 3 SigG (Signaturgesetz) i. V. m. § 2 Nr. 2 SigG vor. Umsatzsteuerlich zu Ende gedacht, lassen sich mit dem Fremdsignierungsmodell streng genommen keine anzuerkennenden formgültigen elektronischen Rechnungen erzeugen und der Vorsteuerabzug des Leistungsempfängers muss ernsthaft in Zweifel gezogen werden. Diese zugegeben strenge Auslegung könnte bestenfalls vor dem Hintergrund des europäischen Mehrwertsteuersystems in Frage gestellt werden.

Vertretungsmodell

Einen Ausweg aus der offensichtlichen Problematik des Fremdsignierungsmodells kann das Vertretungsmodell bieten, welches grundsätzlich geeignet ist, gültige qualifizierte elektronische Rechnungen zu erstellen. Hier verwendet der Signatur-Dienstleister seine eigene sichere Signaturerstellungseinheit und tritt somit selbst als Signierender auf. Umsatzsteuerrechtlich findet dieses Modell seine Rechtfertigung in § 14 Abs. 2 Satz 4 UStG, wonach eine Rechnung nicht durch den Leistenden, sondern auch durch einen Dritten im Namen und für Rechnung des Leistenden „ausgestellt“ werden kann. Allerdings muss auch hier eine Verknüpfung zu dem tatsächlichen Lebenssachverhalt in der elektronischen Welt hergestellt werden. Das Umsatzsteuergesetz spricht vom „Ausstellen“ einer Rechnung und nicht vom bloßen „Signieren“. Aus diesem Grund muss danach unterschieden werden, ob der Signatur-Dienstleister die gesamte Ausstellung der Rechnung einschließlich elektronischer Signierung übernimmt („echtes Vertretungsmodell“) oder lediglich den Signiervorgang durchführt („Botenmodell“).

Beim „echten Vertretungsmodell“ tritt der Signatur-Dienstleister selbst als Aussteller und insoweit auch als Signierender auf und signiert die entsprechenden Rechnungen auf der Grundlage einer vertraglichen Vollmacht. Weiter übermittelt der Signatur-Dienstleister die Rechnung an den Rechnungsempfänger, tritt also zivilrechtlich als Erklärender im Namen und mit Wirkung für den Leistenden auf. Entscheidend aus Sicht der Umsatzsteuer ist hierbei: Die Vertretungssituation muss für den Rechnungsempfänger, der letztlich den Vorsteuerabzug beansprucht, erkennbar sein. Allerdings ist in der Praxis unklar, wie dies konkret umgesetzt werden soll. Stimmen in der Literatur sprechen sich dafür aus, dies gegenüber dem Empfänger durch die Verwendung einer sogenannten Vertretungsfloskel in der Rechnung bzw. (außerhalb der Rechnung) durch ein Attribut im Zertifikat kenntlich zu machen. Das Problem: Der den Signatur-Dienstleister beauftragende Unternehmer wird sich in der Praxis nur selten mit einem Vertretungsattribut oder einer Vertretungsfloskel anfreunden können. Die Lösung stellt u. E. eine zeitlich vor der elektronischen Rechnungsstellung liegende Erklärung dar, mit welcher die Bevollmächtigung des Signatur-Dienstleisters gegenüber dem Rechnungsempfänger für zukünftige Rechnungsausstellungen angezeigt wird.

Soll der Signatur-Dienstleister allerdings lediglich für den Signaturvorgang beauftragt werden, bietet sich aus Vereinfachungsgründen häufig das sogenannte „Botenmodell“ an. In diesem Fall gibt der Signatur-Dienstleister als Erklärungsbote eine von ihm nur signierte, unveränderte Erklärung eines Dritten weiter und tritt nach außen hin nicht als bevollmächtigter Rechnungsaussteller auf. Auch dieses Modell lässt sich umsatzsteuerlich durchaus rechtfertigen, wenngleich es sich wohl nicht um eine vom Wortlaut des Gesetzes erfasste Dritt-Ausstellung (wie beim „echten Vertretungs­modell“) handelt. Für die umsatzsteuerliche Anerkennung spricht insbesondere, dass der elektronischen Signatur im Umsatzsteuerrecht u. E. keine Identitätsfunktion beizumessen ist. Vielmehr dient diese dazu, die Authentizität und Integrität der Daten sicherzustellen, damit aus ein und derselben Rechnung auch nur einmal der Vorsteuerabzug geltend gemacht wird. Damit kommt es ausschließlich darauf an, dass die verwendete Signatur den Vorgaben des SigG entspricht. Soweit ein reines Innenverhältnis zwischen den im Vertretungsmodell beteiligten Partnern vorliegt, muss es u. E. darüber hinaus genügen, wenn sich auch die Beauftragung nur auf das Innenverhältnis beschränkt. Dies unterscheidet sich vom Fremdsignierungsmodell letztlich dadurch, dass der Rechnungssignierer seine eigene Signatur und nicht die Signatur des Auftraggebers verwendet.

Mehrvertretung

Sobald der Signatur-Dienstleister nicht nur für den Rechnungsaussteller, sondern auch für den Rechnungsempfänger tätig wird, gelten besondere Regeln. Dies ist immer dann der Fall, wenn sich die Tätigkeiten auch auf die Verifikation der qualifizierten elektronischen Signatur auf Empfängerseite bzw. die Erfüllung gesetzlich geforderter Aufbewahrungsvorschriften beziehen. Zunächst bedarf es hier einer Empfangs-Vertretungsvollmacht, welche den Dienstleister berechtigt, die elektronisch signierten Rechnungen für den Rechnungsempfänger in Empfang zu nehmen. Darüber hinaus ist es dringend zu empfehlen, die umsatzsteuerlich geforderte Zustimmung des Empfängers zum elektronischen Rechnungsversand einzuholen, wobei diese auch in der Person des Dienstleisters (als Vertreter beider Seiten) vereinbart werden kann.

Da der Dienstleister nun für beide Seiten tätig wird, liegen sog. „Mehrvertretungsfälle“ vor. Die zivilrechtliche Anerkennung setzt voraus, dass der Signatur-Dienstleister von beiden Seiten von den gesetzlichen Beschränkungen bei der Mehrvertretung befreit wird (§ 181 BGB). Hierzu kann man sich mit Vollmachten auf Rechnungserstellerseite und Rechnungsempfängerseite behelfen, welche jeweils mit einer entsprechenden Einverständniserklärung versehen sein sollten. Die im Rechtsverkehr geforderte Erkennbarkeit in Bezug auf den Realakt der Rechnungs-Übersendung ergibt sich im Zweifel aus der Verwendung getrennter Server für den Rechnungsaussteller einerseits und den Rechnungsempfänger andererseits, sodass der Übertritt von einer Sphäre in die andere bei der Rechnungsversendung nach außen hin erkennbar wird. Schließlich ist aus zivilrechtlicher Sicht eine hinreichend detaillierte Auftragsvereinbarung zu empfehlen, welche die geschuldeten Leistungsinhalte auf Rechnungsaussteller- und Rechnungsempfängerseite genau definiert.

Aus umsatzsteuerlicher Sicht steht die Prüfbarkeit elektronisch übermittelter Rechnungen im Hinblick auf den Vorsteuerabzug des Rechnungsempfängers im Zentrum des Interesses. Gerade weil im Rahmen des Mehrvertretungsmodells die qualifizierte elektronische Signatur durch dieselbe Person (Signatur-Dienstleister) zu verifizieren ist, welche selbige „eine juristische Sekunde vorher“ selbst hergestellt hat, muss für die Finanzverwaltung klar erkennbar sein, wann eine Rechnung den Verfügungsbereich des Erstellers verlässt und in den Verfügungsbereich des Rechnungsadressaten gelangt. Erreichen lässt sich die gebotene organisatorische Trennung beispielsweise dadurch, dass auf Serverebene die Erzeugung und der Versand elektronischer Rechnungen technisch und personell vom Empfang und der Verifikation getrennt wird. Diese strikte Trennung, welche sich über verschiedene bzw. dedizierte Server realisieren lässt, ist u. E. auch im Hinblick auf die Übernahme von Aufbewahrungspflichten zu gewährleisten. Dies gilt schon alleine deshalb, weil der Umfang der aufzubewahrenden Unterlagen erheblich zwischen Rechnungsversender und Rechnungsempfänger divergiert.

Fazit

Outsourcing-Modelle eröffnen vielen Unternehmen einen lukrativen Einstieg in den Prozess der elektronischen Rechnungserstellung. Für den Lieferanten und seine Kunden stellen sich dabei wichtige umsatzsteuerliche Fragen, will man den Vorsteuerabzug für den Rechnungsempfänger zweifelsfrei sicherstellen. Der Signatur-Dienstleister selbst muss daneben auch einige zivilrechtliche Fragestellungen lösen, will er sich nicht erheblichen Haftungsrisiken aussetzen. Hier geht es insbesondere um Vollmachten oder Nutzungsvereinbarungen, die speziell auf die Interaktionspartner abgestimmt sind. Letztlich macht die Prüfungsbefugnis des Finanzamtes dazu das Vorhandensein einer aussagekräftigen Verfahrensdokumentation für den Signatur-Dienstleister unverzichtbar.

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Stefan Groß / Bernhard Lindgens: Outsourcing von elektronischen Rechnungen aus umsatzsteuerlicher Sicht

18.03.2024

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